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Ostern in Bessarabien

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Auferstehung

 

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stern, das Fest der Auferstehung, wurde von den Bessarabiendeutschen mit einer ganz besonderen Hingabe erwartet. In manchen Jahren war es um diese Zeit schon warm geworden und im bäuerlichen Betrieb gab es schon Lämmchen, Kälbchen, Fohlen, Gänschen und Kücken, ein Zeichen des Anbruchs der erwachenden Natur.

Unter Ostern verstand man damals nicht nur die Feiertage, sondern die gesmate Karwoche, die am Palmsonntag, dem Einzug Jesu in Jerusalem, begann.

 

russisches Osterbrot
russisches Osterbrot

Die Kinder erwarteten mit großer Freude den Osterhasen, das Symbol für Fruchtbarkeit und für die Mutter gab es in dieser Zeit mehr Arbeit.

Es wurden Streusel- und Käsekuchen, Osterzopf und -kranz, aber auch Hefebrezeln und den von den russischen Nachbern übernommenen Kulitsch, ein aus vielen Eidottern gelbgefärbtes Osterbrot, in Mengen gebacken. Auch die russische Süßspeise (Paßcha) aus Quark, Sahne, Butter, Zucker, Eiern und verschiedenen Gewürzen war sehr beliebt.

 

Osternest
Osternest

Einen Monat vor Ostern wurden Körner in einen Teller gesät, die bis zum Osterfest so hoch gewachsen waren, dass man bunt gefärbte Eier darin verstecken konnte. Der ganze Vorgang musste ganz geheim gehalten werden, sonst wäre ja die Vorfreude auf den Osterhasen zunichte geworden.

 

Osterhase
Osterhase

Am Gründonnerstag wurden dann die aus dem eigenen Betrieb stammenden Eier gefärbt und mit Speck glänzend gerieben, die dann am Vorabend des geheimnisvollen Tages ins Osternestchen gelegt und an einen Platz getan wurden, der nicht so leicht aufzufinden war. Es war eine richtige Pracht, die gefüllten Nester mit den bunten Eiern anzusehen.

Die Kinder konnten es nicht mehr erwarten, forschten immer wieder, wann denn der Osterhase kommen würde.

 

Typisches Bethaus mit Glockenturm
Typisches Bethaus mit Glockenturm

Den Karfreitag verbrachte man in aller Stille und Zurückgezogenheit. Auch Besuche untereinander entfielen. Die Instrumente der Hausmusik schwiegen und Spiele wie Domino oder Karten verschwanden in den Schubläden. Wenn die kleineren Kinder laut wurden, hieß es gleich 'Pscht'.

In diese Stille schlugen laut und mahnend die Kirchenglocken. In Schwarz gekleidet, mit den Gesangbüchern in den Händen, ging man zur Kirche. Der Kirchenchor umrahmte den Gottesdienst mit entsprechenden Liedern, wie ,,O Lamm Gottes" u. a. mehr. Der Betsaal war auch im Nachmittagsgottesdienst vollbesetzt. Die ernste Predigt bewegte die Herzen der Zuhörer, die Jesus im Geist auf seinem letzten Gang begleiteten.

Nach dem Gottesdienst, wieder zu Hause angelangt, war wieder die Stille des Tages gegeben. Außer dem Füttern und Tränken der Tiere waren am Karfreitag keine Arbeiten zu verrichten.

In den meisten Familien wurde gefastet. Am Karfreitag sollte bis zum Sonnenuntergang kein Fleisch gegessen werden.

 

Am Ostersonntag, nachdem die Kinder früh ihre Osternestchen gefunden hatten, begaben sich die schwarz gekleideten Erwachsenen auf den Friedhof, wo vom Küster ein kurzer Gottesdienst abgehalten wurde. Die Predigt sowie auch die gesungenen Lieder waren ganz auf das freudige und dankbare Ereignis ,,Jesus lebt!" abgestimmt. Zum Gottesdienst waren Kirche oder Bethaus wieder voll besetzt, auch am Nachmittag fand ein Gottesdienst statt.

 

gebackenes Osterlamm
gebackenes Osterlamm

Die Mahlzeiten zu Ostern waren mehr als üppig. Für das Mittagessen wurde meist ein etwa 5-6 Tage altes Lämmchen geschlachtet, das mit Schmalz, Zwiebeln, Salz und Pfeffer in einer Pfanne nach dem Brotbacken im Backofen gebacken wurde.

 

Für die Gemeindehirten war das Osterfest der schönste Tag des Jahres, denn da wurden sie mit Gebäck und Eiern reichlich beschenkt.

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Quelle: Karl Ziegler: Chronik der Gemeinde Gnadenfeld (Bessarabien), Buchdruckerei Alfred Kurtzer, 1963; Ute Schmidt: Bessarabien - Deutsche Kolonisten am Schwarzen Meer; Deutsches Kulturforum östliches Europa e. V., Potsdam, Dezember 2007; Arnulf Baumann und Cornelia Schlarb: Jahrbuch der Deutschen aus Bessarabien, Heimatkalender 2007;

 

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