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Der Alltag der Bauern in der Ständegesellschaft

(Teil 2 von 3)

 

Die mittelalterliche Kleiderordnung1

mittelalterliche Gewandung
mittelalterliche Gewandung

die mittelalterliche Gesellschaft gliederte sich in Stände (Geistliche, Adlige und Bauern), denen jeweils bestimmte Aufgaben und Funktionen zugeordnet waren. So spielte auch die Kleidung eine wichtige Rolle.

Sie spiegelte den „Platz“ der gekleideten Person innerhalb der mittelalterlichen Ständeordnung wider und diente somit dem Zweck Hierarchie, Stände und soziales Aussehen äußerlich sichtbar zu machen. Die Unterschiede in der Kleidung zwischen den Ständen lagen im verwendeten Material, dem dazugehörigen Zierrat und der Farbe.

Als es noch weitgehend keine Standesunterschiede (bis zum 11. Jahrhundert) gab, trug der Mann eine einfache Hose und einen Kittel. Gefertigt waren beide Teile zumeist aus Wolle oder Leinen. Der Kittel wurde über der Hose getragen und um die Taille wurde eine Wollschnur gebunden. Das Hemd war aus Leinen, der Mantel, der aus einem rechteckigen Stück bestand, war aus Wolle oder Pelz und wurde mittels einer Fibel zusammen gehalten.

Bundschuh
Bundschuh

Frauen trugen lange Hemdgewänder mit Gürtel, darüber eine Ärmeljacke, über die wiederum ein Umhang gestreift wurde. Die Unterschicht trug ungefärbte Kleidung. Frauen wie Männer trugen Bundschuhe.

Durch die Kirche bildete sich eine zunehmende Verhüllung des Körpers aus. Die Kopfbedeckung für die Frau wurde immer mehr erzwungen. Verheiratete Frauen waren z.B. angewiesen, ihr Haar völlig zu verhüllen.

 

Kleider machen Leute

Karl der Große
Karl der Große

In Mittel- und Westeuropa bildete sich dann allmählich eine Art Kleiderordnung1 heraus. Karl der Grosse z.B. erließ im Jahr 808 ein „Aufwandgesetz“, um eben den Aufwand der Kleidung zu begrenzen.

Ab dem 12. Jahrhundert wurden vereinzelt Kleiderordnungen erlassen, die bis zur Französischen Revolution in Europa bestimmten, wer was und welche Farben tragen durfte. Die Farbe der Kleidung war keine Frage des Geschmacks, sondern eine Frage der Macht und des Geldes.

Bekleidung im 14. Jahrhundert
Bekleidung im 14. Jahrhundert

Ab dem 13. Jahrhundert befasste sich die Gesetzgebung des Mittelalters regelmäßig mit der Kodifizierung von Bekleidungszuschnitt, Stoffauswahl, Farbgebung und schmückendem Beiwerk; im 14. und 15. Jahrhundert wurden Fragen der Kleiderordnung sogar auf Reichstagen2 behandelt.

Nur wenige Punkte der Kleiderordnungen betrafen den Adel (etwa bezüglich des Tragens von Purpurgewändern oder von Hermelinpelz). Weitere Zielsetzungen für derartige Gesetze waren Erhaltung von Sittlichkeit und Moral, ständische Ordnung und das Erkennen von Randgruppen (Spielleute, Vaganten, Juden, Dirnen) und ökonomische Steuerung (Vermeidung wirtschaftlichen Ruins durch übertriebenen Modeaufwand). Übertretungen wurden zwar mit Strafe bedroht, die Wirksamkeit der Kleiderordnungen dürfte aber eher zweifelhaft gewesen sein, wie deren wiederholte Neuerlasse nahelegen.

Bekleidung im 15. Jahrhundert
Bekleidung im 15. Jahrhundert

An verfügbaren Materialien zur Textilherstellung für die niederen Stände gab es Leinen, Hanf, Nessel3 (diese 3 insbesondere zur Verwendung für die Unterbekleidung) und Schafwolle (diese insbesondere für Oberbekleidung).

Edle Stoffe wie Samt, Brokat, Seide oder Damast waren dem Adel vorbehalten. Dies erstreckte sich auch auf die Pelze (Jagdrecht), wobei der Hermelin nur für König oder Kaiser bestimmt war.

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1 Kleiderordnung = Das Konzil von Trier (1227) sah sich veranlasst, Mönchen und Nonnen weltlichen Kleiderluxus und modischen Schmuck zu untersagen. Im Bayerischen Landfrieden von 1244 wurde den Bauern vorgeschrieben, billige und graufarbene Stoffe für die Kleidung zu verwenden. Unzulässige bunte und kostbare Kleidungsstücke sollten eingezogen werden. Die Kölner Synode von 1337 untersagte Klerikern das Auftreten in modischer Kleidung. In der Göttinger Kleiderverordnung von 1354 wurde das Tragen von kostbarer Kleidung und Schmuck von der Steuerleistung der Männer abhängig gemacht. Zuwiderhandelnde mussten Pferde für städtische Dienste unterhalten. Göttinger Kleiderordnungen von 1461 und 1468 setzten als Strafe die Ausbesserung oder Neuerrichtung einer halben Rute (ca. 1.80 m) der Stadtmauer mit Kalk und Steinen (Mauerstrafe). Die Zürcher Kleiderordnung von 1357 untersagte Frauengewänder mit aufgenähtem Gold, Silber oder Edelsteinen, das Tragen von Schnabelschuhen und langgeschwänzten Kapuzen. Jede Zuwiderhandlung sollte mit einer Geldstrafe von 10 Schilling (Pfennig) geahndet werden. Eine Konstanzer Kleiderordnung von 1390 verbot das Tragen von Hauben, deren Perlen-, Edelstein-, Gold- und Seidenschmuck teurer als 50 Gulden (!) waren. Wenn man bedenkt, dass man nach damaligem Geldwert für einen Gulden 100 Pfund Rindfleisch kaufen konnte, begreift man, dass sich die Gesetzgeber gehalten sahen, Ärgernis erregende Prunksucht zu unterbinden. Da sich Kleiderordnungen stets als wenig wirksam erwiesen hatten, ging man im 15. Jahrhundert allmählich von derlei Verfügungen ab.

2 Reichstag = vom Kaiser einberufene Ständeversammlung im Heiligen Römischen Reich.

3 Nessel = grobes, meist aus Fasern der Brennnessel hergestelltes, nicht gefärbtes u. behandeltes Gewebe in Leinenbindung.

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