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Das Herzogtum Wirtemberg im 16. Jahrhundert

Der Aufstand der Remstaler Bauern1

(Teil 3 von 5)

Der außerordentliche Landtag

Herzog Ulrich
Herzog Ulrich

Auch Herzog Ulrich fand die Sache nun recht bedenklich, fühlte mit Schrecken den Boden unter seinen Füßen wanken und setzte einen außerordentlichen Landtag2 an, der nach fast 16-jähriger Pause, mit der Zusage einer Schlichtung am 26. Juni 1514, in der Residenzstadt Stuttgart tagen sollte.

Gleichzeitig suchte er bei den benachbarten Fürsten und Reichsstädten um bewaffnete Hilfe an, denn, „wenn den Ungehorsamen nicht bald gewehrt werde, würden nicht nur alle Kurfürsten, Fürsten und Obrigkeiten, sondern die ganze Ehrbarkeit im Reiche untergehen.“

Noch vor dem Zusammentritt des Landtages gaben sich Abgeordnete der Städte Stuttgart und Tübingen die Mühe, die aufgeregten Bauern im Land dadurch zu besänftigen, dass sie von Amt zu Amt reisten und die Gemeinden baten, wenigstens die Resultate des Landtags abzuwarten.

Zabergäu
Zabergäu

Obwohl die Landgemeinden über die Art, wie der Landtag ausgeschrieben wurde, sehr unzufrieden waren, gelang die Schlichtung im Zabergäu und auf dem Schwarzwald.

Wie üblich bestand der Landtag aus der Landschaft3, einem Zusammenschluss aller Landstände4.
Aus jeder Amtsstadt waren der Vogt und der Keller5, einer aus dem Gericht und einer aus der Stadtgemeinde einberufen worden. Die Bauern (der 3.Stand), entgegen der Zusage des Herzogs, blieben vollständig ausgeschlossen.

Schwarzwald
Schwarzwald

Die Bauern verlangten aber auch aus ihrer Mitte Abgeordnete in den Landtag schicken zu dürfen:

„Wenn der Landtag, sagten, sie, etwas helfen solle, so müssen auch Bauern dabei seyn; die Pfaffen, Edeln und Herren aus den Städten würden sonst auf demselben nur für sich sorgen.“

Um diesen Vorbehalt zu beseitigen, ließen Stuttgart und Tübingen Ausschreiben ergehen, die Dörfer sollten ihre Beschwerden durch die Städte, oder durch eine eigene Botschaft schriftlich an den Landtag gelangen lassen.

Das Remstal
Das Remstal

Aber die Aufregung im Remstal währte fort. Am 1. Juni 1514 berichtete der Schorndorfer Rat an den Herzog, es scheine, als dass die Bürgerschaft, die sich bei der ersten Bewegung im Remstal ruhig verhalten hatte, in Gefahr gerate, da sich eine große Zahl „unnützer Leute“ in der Stadt aufhalte, die es mit den Aufrührern halten. Der Herzog wurde aufgefordert „mit tapferer Hand“ zu ihnen zu gehen.

aus: Wilhelm Zimmermann: Allgemeine Geschichte des grossen Bauernkrieges: nach handschriftlichen und und gedruckten Quellen, 1. Teil, Franz Heinrich Köhler Verlag, Stuttgart, 1841, S. 219;

 

Landschaftsgebäude in Stuttgart  in der Kronprinzstraße aus dem Jahre 1845
Landschaftsgebäude in Stuttgart in der
Kronprinzstraße aus dem Jahre 1845

Schon am 18. Juni 1514 traten 24 Abgeordenete in Stuttgart zusammen. Nach nur drei Tagen wurde der Landtag aber ins linientreue Tübingen verlegt. Die schriftlich einzubringenden Forderungen der rebellischen Unter-schicht wurden zu Beginn der Konferenz zwar verlesen, aber dann weitestgehend ignoriert.

Anfang Juli schrieben die Abgeordneten der Bauern an den Herzog, er möchte doch, sobald die Tübinger Verhandlungen zu Ende wären, nach Stuttgart zurückkehren und wenigstens ihre Klagen anhören. Kämen sie ohne dies nach Hause, würden die 'Unzufriedenen' in den Dörfern noch aggressiver werden.

Die Antwort muss nicht günstig ausgefallen sein, denn in der St. Ulrichsnacht (4. Juli) schlug sich ein unzufriedener Teil der Stuttgarter Bürgerschaft auf die Seite der Bauern, und nahm Hans von Gaisberg, Vogt von Stuttgart, und dem Gericht die Schlüssel der Stadttore ab. Am 6. Juli erreichte die Bewegung ihren Höhepunkt, scheiterte aber an der Verhaftung des Verschwörers Jörg Lägelen (Legolo), genannt Tiegel, aus Stuttgart, der am 9. August 1514 auf dem Marktplatz in Stuttgart, zusammen mit anderen fünf Aufwieglern hingerichtet wurde.

Der Tübinger Vertrag
Der Tübinger Vertrag

Inzwischen beendete der Landtag in Tübingen seine Arbeit und schloss am 8. Juli 1514 den Tübinger Vertrag ab, der am 10. Juli 1514 von Herzog Ulrich und am 10. Januar 1515 von Kaiser Maximilian I. bestätigt wurde.

Der Tübinger Vertrag legte fest, dass der, der einen Aufruhr gegen die Obrigkeit anzettelte, „sein lyb und leben verwirckt haben“ und mit Vierteilen, Radbrechen, Ertränken, Enthaupten, Henken, Hand abhauen usw. bestraft werden sollte. Die Häuser, in denen solche gefährliche Anschläge organisiert worden waren, sollen abgebrochen und verbrannt werden. Auf der Stelle soll nicht mehr gebaut werden und die Frau und die Kinder aus Wirtemberg vertrieben werden.

Herzog Ulrich sandte nun seine Räte ins Land, um die neue Huldigung in Städten und Ämtern entgegenzunehmen.

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1 Quellen: Wilhelm Zimmermann: Allgemeine Geschichte des grossen Bauernkriegs: nach den Urkunden und Augenzeugen, Band 1, Riegersche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart, 1856;
Verschiedene Autoren: Geschichten aus schweren Zeiten, Württembergische Volksbücher Herausgegeben vom Württ. Evangel. Lehrer-Unterstützungs-Verein, Verlag von Holland & Josenhans, Stuttgart;

2 Landtag: In Württemberg war schon im 15. Jahrhundert ein Landtag entstanden, in dem die Prälaten (geistlichen Würdenträgern) als Repräsentanten der großen Klöster und Vertreter der Städte saßen (anfänglich waren auch die Ritter vertreten, doch fielen sie als Landstand im 16. Jahrhundert hier aus.) Diese „Stände " erhielten 1492 außergewöhnliche Vollmachten unter Eberhard im Bart gegenüber dessen voraussichtlichen Nachfolger, weil dieser noch zu Lebzeiten Eberhards im Bart Schlimmes für ein ordentliches Regiment befürchten ließ. Tatsächlich setzte der Landtag dann 1498 schon zwei Jahre nach dem Regierungsantritt den offenbar zur Regierung nicht fähigen Herzog Eberhard II. ab und dessen Neffen Herzog Ulrich vorzeitig als Nachfolger ein.

3 Landschaft: hier: der dem Landesherrn, insbsondere bei der Schuldenverwaltung, gegenübertretende (oft auch von diesem initiierte) Zusammenschluss aller Landesstände oder, wo Geistlichkeit und Adel fehlten, auch nur der in Städten, Ämtern u. ä. verfassten Untertanen. [Deutsches Rechtswörterbuch (DRW)]

4 Landstand: Gruppe oder Angehöriger der Gruppe, die einem bestimmten Stand (Geistlichkeit, Adel, Städte, Ämter, Ritterschaft, zum Teil auch Bauern) im Land oder einer Provinz angehörte und das Recht hatte, auf Landtagen zu erscheinen, und daselbst über Landesangelegenheiten zu stimmen.

5 Der Keller, oder auch „Kellner“ war in Württemberg zunächst ein mittelalterlicher Ministerialer, der in einem ihm zugewiesenen Verwaltungsbereich im Auftrag des Lehns- oder Grundherren für die Verwaltung, Gerichtsbarkeit und Steuern verantwortlich war, insbesondere für die Eintreibung und Verwaltung der Geld- und Naturalabgaben an den Grundherren. Er hatte damit eine ähnliche Funktion wie der Rentmeister. In der Frühneuzeit wurde dieses Amt zunehmend nicht mehr von Niederadligen und Edelfreien, sondern von Bürgerlichen ausgeübt. Eine „Kellerei“ (oder auch „Kellnerei“) bezeichnete daher einen von einem Keller verwalteten Amtsbereich, aber auch das Amtsgebäude und die Gesamtheit der dort Bediensteten.

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