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Die Juden im Heiligen Römischen Reich

(Teil 2 von 3)

im Gegensatz zur überwältigenden Mehrheit der christlichen Bevölkerung konnten fast alle Juden, Männer wie Frauen, lesen und schreiben. Einige beherrschen überdies mehrere Sprachen.

Karl der Große
Karl der Große

Sie wurden aber auch zu wichtigen Beratern der Fürstenhöfe und stellten somit einen wichtigen Faktor in der mittelalterlichen Gesellschaftsordnung dar.

Karl der Große nahm z. B. einen Juden namens Isaak unter seine Gesandten auf, den er nach Jerusalem1 und Bagdad schickte.

 

Da die Juden aber rechtlich schutzlos waren, erbaten sie von Karl dem Großen und später von seinem Sohn Ludwig dem Frommen Schutzbriefe, die stets nur einzelnen Juden oder Gemeinden, nie der gesamten sozialen Gruppe gewährt wurden.

 

Karl der Große, der im Jahr 800 zum Kaiser des Heiligen Römischen Reiches gekrönt wurde, schätzte ihre Wirtschaftskraft und bot ihnen daher einen besonderen Rechtsschutz2, für den sie dem König jährlich ein Zehntel ihres Handelsgewinnes abzuführen hatten:

„.... sie dürfen nach ihrem jüdischen Recht leben, sind vor Zwangstaufen geschützt, können frei über ihr Erbe und Eigentum verfügen; ihre heidnischen Leibeigenen dürfen ihnen nicht durch die Taufe entzogen werden; sie dürfen christliches Gesinde halten, sofern sie dieses nicht veranlassen, gegen seinen Glauben zu handeln; sie dürfen innerhalb des Reiches kaufen und verkaufen, sind dabei von Zöllen, Steuern und sonstigen mit dem Handel verbundenen Abgaben befreit; ihre prozessrechtliche Stellung vor dem christlichen Gericht ist nicht diskriminierend".

aus: Bernd Martin, Ernst Schulin: Die Juden als Minderheit in der Geschichte, Deutscher Taschenbuch Verlag, 1985, München, S. 59;

 

Außerdem durften sie gegen Zinsen Geld verleihen (Wucher), was den Christen ja verboten war:

„Du sollst deinem Bruder keinen Zins auferlegen, Zins für Geld, Zins für Speise, Zins für irgendeine Sache, die man gegen Zins ausleiht. Dem Fremden magst du Zins auferlegen, aber deinem Bruder darfst du nicht Zins auferlegen, damit der Herr, dein Gott, dich segnet in allem Geschäft deiner Hand in dem Land, in das du kommst, um es in Besitz zu nehmen.";

Deuteronomium 23,20-21;

 

Unter der Schutzherrschaft Karls des Großen kam es zur Gründung zahlreicher jüdischer Gemeinden, unter anderem in Metz, Trier, Magdeburg und Prag.

Da die Juden als Minderheit zu ihrem Schutz einen engen gemeinschaftlichen Zusammenhalt pflegten, entstanden in den Städten Judenviertel, in kleineren Ortschaften sogenannte Judengassen.

Ludwig der Fromme
Ludwig der Fromme

Der Sohn Karls des Großen, Ludwig der Fromme, ernannte einen Juden zum Magister Judaeorum (Judenmeister), der an seinem Hof für den Schutz jüdischer Rechte verantwortlich war.

Auch die 965 von Kaiser Otto dem Großen verfertigte Urkunde unterstrich die Bedeutung der Juden für das Wirtschaftsleben. Sie garantierte in dieser Reihenfolge "Juden und anderen Händlern" den freien Handel ohne Zollgebühren.

 

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1 Jerusalem wird von Christen, Juden und Muslimen als Heilige Stadt angesehen. Für alle drei dieser Religionen ist Jerusalem als Wirkungsort verschiedener Propheten beziehungsweise Heiliger wie Abraham, Salomon, David, Zacharias und anderen bedeutend. Orte, wie der Tempelberg, sind seit jeher umstritten und Ursache für Konflikte.

2 Judenschutzprivilegien = wiederholt wurden die Juden in ihrer Gesamtheit oder bestimmte jüdische Gruppen im besonderen durch fränkische und römisch-deutsche Könige und Kaiser oder Bischöfe “privilegiert“, d. h. sie bekamen Urkunden ausgestellt, in denen sie auf besondere Art und Weise in Schutz gestellt wurden.
Die wichtigsten Judenschutzprivilegien des Mittelalters waren:
der Schutzbrief (Praeceptum Iudeorum) Kaiser Ludwigs des Frommen für Rabbi Domatus und seinen Neffen Samuel (vor 825)
der Freiheitsbrief des Speyerer Bischofs Rüdiger Hutzmann für die Speyerer Juden von 1084
das Privileg Kaiser Heinrichs IV. für die Juden von Speyer von 1090
das Privileg Kaiser Friedrich I. Barbarossa für die Juden von Worms von 1157 (stellt eine fast wörtliche Wiederholung des Privilegs für die Juden von Speyer dar)
das Privileg Kaiser Friedrichs II. für die Juden in ihrer Gesamtheit von 1236.

 

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