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Sarata - eine deutsche Mutterkolonie in Bessarabien

Die ersten Auswanderer aus dem Königreich Bayern

(Teil 2 von 2)

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ie Unzufriedenheit der Kolonisten stieg immer mehr; immerhin war schon ein Jahr vergangen, seitdem die ersten Siedler in Odessa angekommen waren. Sie warfen nun Lindl vor, sie betrogen und ins Elend geführt zu haben.

mehr zur Auswanderungsliste der Württemberger aus dem Jahr 1820 klicke hier

 

Auswanderung
Auswanderer

Die ersten Jammerbriefe kamen in der alten Heimat an. Einige trugen sich mit dem Gedanken zur Rückkehr. Andere wiederum versuchten in den Kolonien um Odessa eine Bleibe zu finden, noch andere kehrten am 10. Dezember 1821 sogar zu Fuß in die alte Heimat zurück. Unter diesen befanden sich auch der Kolonnenführer Jakob Maier und die Kolonisten Alois Pröll(er), Georg Stadler, Johann Huber, Barbara Seltzer (Witwe), alle aus Lauingen, Johann Hamel aus Gundelfingen und Johann Walther aus Peterswörth.

Verwahrlost kamen sie mit ihren Familien am 14. Februar 1822 in Lauingen an und berichteten dem dortigen Landrichter Ott über die Lage ihrer Landsleute in Russland mit recht drastischen Worten: unter den Auswanderern herrsche "das größte Elend"; dabei nannten sie Lindl einen Seelenverkäufer.

Bauernzeitung aus Frauendorf: Ist es ratsam, nach Rußland auszuwandern?
Bauernzeitung aus Frauendorf: Ist es rathsam, nach Rußland auszuwandern?, S. 168

 

Die aus Russland zurückgekehrten Familien wurden mit dem Spottruf "Sie zogen nach Rußland mit Blumen und Sträuß und kommen zurück mit Lumpen und Läus'" empfangen.

Der yurèckkehrende Ökonom Georg Stadler aus Lauingen gab am 16. Februar 1822 vor dem königkichen Landrichter Ott in Lauingen u.a. folgendes an:

"Sowohl der höchsten Regierung als dem königlichen Landgericht sind die mystischen Umtriebe bekannt, mittels welchen wir angelokt wurden, diesen so unsinnigen Schritt zu wagen. Lindl stekte uns anfänglich durch seine Kanzelreden an, und Werner (gemeint ist der Kaufmann und Werber aus Giengen), als das geheime Werkzeug einer im Stillen wirkenden spekulativen Gesellschaft sezte dem Plane des Lindls die Krone auf. Schon ganz verblendet durch Lindls Lehren glaubte ich, so wie hundert andere, unser Seelenheil könnte nirgends besser befördert werden, als in der Brüdergemeinde in Rußland, und Werner, der Seelenverkäufer, bestärkte uns hierin durch erdichtete Briefe noch mehr, indem in selben Rußland als ein zweites Paradies, wo nichts als Bruderliebe, Eintracht und Wohlstand herrscht, geschildert wurden."

aus: Bauernzeitung aus Frauendorf vom 18. Mai 1822: Ist es rathsam, nach Rußland auszuwandern?

 

Als sich Lindl bei den russischen Behörden beschwerte und auf die Gefahr des körperlichen und moralischen Verfalls seiner Leute hinwies, befahl der Zar im Oktober 1821 sich um ihre schnelle Ansiedlung zu kümmern.

Lindl wurde für sein Vorhaben ein Landgut bei Ovidiopol, Otschakiw, zugesagt, wo er eine Kolonie mit Kirche und Predigerseminar errichten wollte. Das Projekt kam aber aus verschiedenen Gründen nicht zur Ausführung.

Danach erhielt Lindl die Erlaubnis selbst ein Grundstück zur Ansiedlung seiner Anhänger zu wählen.

Staryi Krym auf der Halbinsel Krim
Staryi Krym auf der Halbinsel Krim

Lindl bat um Zuweisung von Land in Bessarabien und "womöglich an den Ufern der Donau". Kurz darauf kam Lindl aber auf die Idee, seine Kolonie auf dem Land der Armenier bei Staryi Krym zu gründen, wo der Boden besser sei und Wald und gutes Wasser vorhanden seien.

Zum Schluss entschied er sich für das noch freie Kronsland von 16.000 Dessjatinen (etwa 18.000 ha) im Tal des Flusses Sarata, 20km östlich der deutschen Kolonie Arzis. Im Frühjahr 1822 war es endlich so weit.

 

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