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Hugenotten

 

Seit etwa 1560 wurden die französischen Calvinisten1 Hugenotten genannt. Sie wurden in Frankreich insbesondere im 16. und 17. Jahrhundert stark verfolgt.

Hugenottenverfolgung
Hugenottenverfolgung

 

In den 1520er Jahren verließen die ersten französischen Glaubensflüchtlinge das Land. In der Bartholomäusnacht, kamen in Paris etwa 3.000 und auf dem Lande zwischen 10.000 und 30.000 Menschen ums Leben. Daraufhin flüchteten viele Hugenotten in die seit 1563 calvinistische Kurpfalz. Erst das Toleranzedikt von Nantes2 (1598) brachte eine zeitweilige Beruhigung der Lage.

François Dubois: Paris während der Bartholomäusnacht
François Dubois: Paris während der Bartholomäusnacht

 

Ludwig XIV.
Ludwig XIV.

Als Ludwig XIV. 1661 die Regierung übernahm, leitete er eine groß angelegte, mit Bekehrungs- und Missionierungsaktionen verbundene systematische Verfolgung der Hugenotten ein, die er aufgrund der einsetzenden Flüchtlingswellen 1669 mit einem Emigrationsverbot verband. Trotz Verbotes verließen im Laufe von etwa fünfzig Jahren ca. 200.000 Flüchtlinge (Hugenotten und Waldenser aus dem Pragelatal) ihre Heimat.

Besonders groß war die Zahl der Flüchtlinge in der Zeit von 1670 bis 1720. Nicht selten legten sie Hunderte von Kilometern zu Fuß zurück, um einen neuen Aufenthalsort zu finden. Zahlreiche Handwerker, Gewerbetreibende, Kaufleute und Militärs waren darunter, ebenso Angehörige des Hoch- und niederen Adels. Sie flohen in die umliegenden protestantischen Länder und in die englischen Kolonien in Nordamerika, Russland und Südafrika. Die meisten Hugenotten, vor allem die aus dem Norden und Westen Frankreichs gingen in die Vereinigten Niederlande, nach Dänemark, Schweden und England; für die Hugenotten aus dem Südosten waren die reformierten3 Gebiete der Schweiz der erste Zufluchtsort. Viele zogen dann weiter nach Deutschland.

Hugenottenkreuz
Hugenottenkreuz

Von den deutschen reformierten und lutherischen Territorien wurden etwa 40.000 Hugenotten aufgenommen, knapp die Hälfte davon von Brandenburg-Preußen. Andere fanden eine neue Heimat in Hessen, in der Pfalz, in Franken, in Baden-Württemberg, in Niedersachsen und in den Hansestädten.

Die Aufnahme der Hugenotten erfolgte aus wirtschaftlichem, kulturellem, militärischem und politischem Interesse, aber auch aus christlicher Nächstenliebe und Mitleid mit den Flüchtlingen. Besonders interessiert war man an der Zuwanderung hugenottischer Geld- und Warenhändler und an Soldaten. In einigen Gebieten wurden die Hugenotten bereitwillig aufgenommen und mit Privilegien ausgestattet, anderswo mussten sie größere Kompromisse eingehen.

Das Heilige Römische Reich Deutscher Nation war zu jener Zeit kein Zentralstaat wie z.B. Frankreich oder England, sondern war ein Gemisch von über 300 souveränen Herzogtümern, Kurfürstentümern, weltlichen und geistlichen Fürstentümern, Grafschaften, Stiften, freien Reichsstädten usw.

Heiliges Römisches Reich 1648
Heiliges Römisches Reich 1648

 

Deshalb lag die Entscheidung über die Aufnahme von hugenottischen Glaubensflüchtlingen nicht in der Hand des katholischen deutschen Kaisers, sondern allein bei den souveränen Fürsten und freien Reichsstädten.

So förderte Brandenburg-Preußen, nur elf Tage nach dem Widerruf des Toleranzedikts von Nantes, mit dem Edikt von Potsdam (1685), die Ansiedlung der Hugenotten. Die Flüchtlinge erhielten Häuser und Höfe geschenkt und es wurden ihnen sechs Jahre Steuerfreiheit gewährt. Außerdem wurde ihnen erlaubt, eigene Kirchen zu bauen.

Relief am Französischen Dom von Johannes Boese (18885): Der Große Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg begrüßt ankommende Hugenotten
Relief am Französischen Dom von Johannes Boese (18885):
Der Große Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg begrüßt ankommende Hugenotten

Um 1713 gab es in Brandenburg 60 französische Kolonien, auch Potsdam hatte sein "Französisches Quartier". Die größten Hugenottenkolonien entstanden in Amsterdam, London, Genf und Berlin.

 

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1 Calvinismus = evangelisch-reformierte Glaubenslehre des Genfer Reformators Johannes Calvin, die nur die geistige Präsenz Christi beim Abendmahl (Luther lehrte, dass die Stoffe von Brot und Wein bleiben, dass aber Christus in, mit und unter den Abendmahlselementen gegenwärtig ist und genossen wird) und die Prädestination der von Gott Auserwählten vertritt.
2 Edikt von Nantes = amtlicher Erlass, der am 13. April 1598 in Nantes vom französischen König Heinrich IV. unterzeichnet wurde und der den calvinistischen Protestanten (Hugenotten) im katholischen Frankreich freie Religionsausübung und politische Sonderrechte garantierte. Zuvor hatten die Calvinisten oder Reformierten eine mehr als 60 Jahre dauernde Verfolgung im gesamten Land zu erleiden gehabt, die immer wieder zu Bürgerkriegen, den sog. Hugenottenkriegen, geführt hatte. Zehntausende Protestanten waren in diesen Jahrzehnten ums Leben gekommen oder hatten Frankreich verlassen.
Als die Hugenotten sich in den Kriegen von 1621/22 und 1625-29 erneut der Krone entgegenstellten, verloren sie durch den Kardinal Richelieu alle politischen Sonderrechte und Sicherheitsplätze, wurden allerdings religiös weiter geduldet.
De facto beendet wurde diese Duldung mit der offiziellen Aufhebung des Edikts von Nantes durch Ludwig XIV. (Edikt von Fontainebleau, 1685), das die Freiheit der Religionsausübung so stark beschränkte, dass sich mehr als 200.000 Hugenotten gezwungen sahen, Frankreich zu verlassen.
3 reformierte Kirche (oft auch: evangelisch-reformierte Kirche): auf die Reformation Ulrich Zwinglis und Johannes Calvins (Calvinismus) zurückgehende Kirchengemeinschaften, die hauptsächlich in der Schweiz, in Schottland, in einigen Teilen Deutschlands, in Frankreich, in Ungarn und den USA (Presbyterianer) verbreitet ist.

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