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Lokatoren

 

Der Lokator (mit Hut) erhält vom Grundbesitzer die Gründungsurkunde. Die Siedler reinigen den Wald und bauen Häuser.
Der Lokator (mit Hut) erhält vom Grundbesitzer
die Gründungsurkunde.
Die Siedler reinigen den Wald und bauen Häuser.

Lokatoren (v. lat. locare = an einen Platz stellen; Siedlungsmeister, Verpächter; in Mecklenburg und Pommern auch Possesor) waren Anwerber oder Kolonistenführer (Siedlungsunternehmer) und spielten bei der Ostsiedlung eine wichtige Rolle.

Im Auftrag von adligen oder geistlichen Grundherren kümmerten sie sich vor der beginnenden Besiedlung um die Publizierung der Manifeste im Ausland, die Anwerbung der Siedler, begleite sie bis zum Bestimmungsort und organisierten die Neuansiedlung der landsuchenden Bauern, seltener die Gründung von Dörfern und Städten. Sie vermaßen das Land, teilten es zu, waren verpflichtet, den Siedlern während der Rodungszeit den Lebensunterhalt zu gewährleisten, ggf. auch Vorschüsse zur Beschaffung von Eisenpflügen und Zugtieren.

der Lokator fungiert im Dorf als Richter
der Lokator fungiert im Dorf als Richter

Die Lokatoren entstammten oft dem ritterlichen Adel oder der Schicht der Städtebürger, selten waren es reiche Bauern und leiteten die Rodungsarbeiten, teilten die Fluren1 unter den Siedlern auf, ließen Bauerndörfer und Handelsplätze anlegen, zogen die Abgaben für den Grundherrn ein und übten die niedere Gerichtsbarkeit aus. Für ihre Verdienste wurden die locatores unter anderem auch mit abgabenfreiem Gut (Freigut) in den neugegründeten Dörfern und Städten (meist am Marktplatz gelegen) belohnt, ferner mit dem Erbschulzenamt, mit Jagd- und Fischereirechten, oft auch mit Einkünften aus Schank- oder Mühlenrechten.

Bauernfamilie
Bauernfamilie

Diese Verantwortung war ein nicht unbeträchtliches Risiko für den Lokator; andererseits ließen sich große Gewinne erzielen.

Für seine Leistungen erhielt  er festgelegte Vergünstigungen oder Kopfgeld. Oft kam es vor, dass der Lokator nach Anlage des Dorfes seine erworbenen Privilegien verkaufte und sich andernorts wieder als Lokator betätigte.

Armut

Oft erhielten die ersten Siedlungen die Namen ihrer Lokatoren. Der bekannteste Werber im Dienst der russischen Regierung war der holländische Baron Ferdinand de Canneau de Beauregard. Er brachte etwa 2.000 Familien nach Russland und erhielt für jede angeworbene Familie 5 – 10 Rubel und außerdem für je 100 Familien 3 Siedlerparzellen Parzellen Land in den Ansiedlungsgebieten. Von den Auswanderern ließ er sich vertraglich den Zehnten und Sonderrechte in der künftigen Heimat zusichern. Die Kolonisten hatten deshalb später sehr unter den Lokatoren, die sich nun “Direktoren“ nannten, zu leiden.

Viele deutsche Kleinstaaten wie Preußen, Sachsen und Bayern verboten die Auswanderung und drohten den Werbern teilweise sogar mit der Todesstrafe. So konnten die Lokatoren ungehindert nur in einigen süd- und und westdeutschen Herrschaften sowie in den freien Reichsstädten werben. Diese Lokatoren hatten aber nicht immer den besten Ruf.

Auswanderungsverbot vom Erzbischof von Trier
Von Gottes Gnaden Wir Johann Philipp Erz-Bischof zu Trier,
des Heiligen Römischen Reiches durch Gallien und das Königreich

 

Auswanderung
Auswanderer

In der Zeit nach dem Siebenjährigen Krieg (1763) erlebte der Begriff “Bauernfängerei“ eine Aufschwung. Die Kolonistenwerber versprachen ein sorgenfreies fast paradiesisches Leben in Russland, ließen sich aber dabei nur von ihrer Geldgier leiten. Schließlich erhielten sie eine Prämie von 3-4 Dukaten für eine angeworbene Familie. Somit interessierte die skrupellosen Lokatoren erst recht nicht die Eignung der Geworbenen für das bäuerliche Siedlungsvorhaben, sondern nur die Zahl.

 

barra

1 Fluren = die in Parzellen eingeteilte landwirtschaftliche Nutzfläche eines Siedlungsverbandes.

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