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Bessarabien unter russischer Herrschaft

(Teil 3 von 7)

Die Unabhängigkeitserklärung Bessarabiens

Oktoberrevolution
Oktoberrevolution

nach Ausbruch der Oktoberrevolution von 1917 wurde in Chişinău im November 1917 eine National-versammlung mit dem Namen Ţării Sfatul (entspricht einer Landesregierung) gebildet, die die Regierung von Bessarabien übernahm und im Dezember 1917 Bessarabiens Unabhängigkeit innerhalb Russlands erklärte. Präsident wurde Ion Inculeț.

Ähnliches geschah auch in der Ukraine, am Don und auf der Krim.

Der Sfatul Ţării bestand aus 150 Mitgliedern (105 Moldauer, 15 Ukrainer, 13 Juden, 6 Russen, 3 Bulgaren, 2 Deutschen (Philipp Almendinger aus Akkerman, Alexander von Lösch), 2 Gagausen, 1 Polake, 1 Armenier, 1 Grieche, 1 Unbekannter).

die Mitglieder des Sfatul Țării
die Mitglieder des Sfatul Țării
Enteignung einer deutschen Familie
Enteignung einer deutschen Familie

Die Verhältnisse im Lande waren chaotisch, denn die russische Front des 1. Weltkrieges hatte sich aufgelöst und Armeeeinheiten zogen auf dem Heimweg plündernd durch Bessarabien.

Auch der ärmste deutsche Bauer war in ihren Augen noch ein fetter Kulake1 (Großkapitalist im Bereich der Landwirtschaft), den es auszumerzen galt. Kein Wunder, dass in jenen Wochen bei vielen nicht nur ein geladenes Jagdgewehr an der Wand hing, sondern auch ein Karabiner griffbereit unter der Bettdecke lag.

Am 14. Januar 1918 wurde Chişinău von den Rumtscherod Truppen (Bolschewiken2), Anhänger Lenins, geplündert und Bessarabien fiel in die Hände der Bolschewiken, die ihre Staatsgewalt in Bessarabien proklamierten.

Flagge des Sfatul Țării
Flagge des Sfatul Țării

Einige Mitglieder des Sfatul Ţării und des Verwaltungsrates konnten fliehen, während andere verhaftet und zum Tode verurteilt wurden.

Nach der russischen Revolution von 1905 entwickelte sich in Bessarabien eine rumänien-freundliche Bewegung. So wurde während eines geheimen Treffens des Sfatul Ţării beschlossen, eine Delegation nach Iaşi in Rumänien zu schicken, um militärische Hilfe zu erbitten. Am 16. Januar marschierten rumänische Truppen in Chişinău ein und wurden überall im Land mit überströmender Freude begrüßt. Innerhalb von 3 Tagen wurde die Ordnung im Land wieder hergestellt. Am 24. Januar 1918 erklärte der Sfatul Ţării die Unabhängigkeit Bessarabiens, unter dem Namen Moldauische Demokratische Republik.

 

Vereinigugsurkunde Bessarabiens mit Rumänien
Vereinigugsurkunde Bessarabiens mit Rumänien

Von Januar bis März 1918 führten die Rumtscherod-Truppen den Kampf zuerst gegen rumänische, dann gegen österreichisch-deutsche Interventen. Gemeinsam mit dem Obersten Autonomen Kollegium des Rates der Volkskommissare wurden diplomatische Verhandlungen mit der rumänischen Regierung geführt. Diese fanden nach Gesprächen vom 5. bis 9. März 1918 mit einem Vertragsabschluss über den Abzug der rumänischen Truppen aus Bessarabien innerhalb von 2 Monaten ihren Abschluss (der Vertrag wurde von Rumänien nicht eingehalten; im April entwaffneten rumänische Truppen unerwartet die russischen und annektierten Bessarabien).

Am 9. April 1918 wählte der Sfatul Ţării, in Anwesenheit rumänischer Truppen, mit 86 Stimmen für, 3 gegen, 36 Enthaltungen und 13 Abwesende, unter Beibehalt einer Teilautonomie, den Anschluss an das Königreich Rumänien, für "ewige Zeiten". Im November 1918 wurde die Vereinigung mit Rumänien vollzogen und der Sfatul Ţării löste sich auf. Für die deutsche Bevölkerung Bessarabiens bedeutete das die Rettung. Der russischen Tyrannei war ein Ende gesetzt worden und Bessarabien schwörte Rumänien ewige Treue!

Rumänien in der 
        Zwischenkriegszeit

 

Aus sowjetischer Sicht, die den Anschluss an Rumänien nicht wahrnehmen wollte, handelte es sich dabei um eine inszenierte Abspaltung von Russland und eine planmäßige Annexion durch Rumänien.

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1 Kulak = Begriff, der im Russischen seit dem 19. Jahrhundert für relativ wohlhabende Bauern verwendet wurde. Bis 1917 war er auch eine abwertende Bezeichnung für Vermittler, Wucherer und Betrüger. Nach der Oktoberrevolution von 1917 wurde die Bedeutung des Begriffes "Kulak" mit allen "Landausbeutern" gleichgesetzt: Selbst diejenigen, die nur eine Kuh hatten oder einen Tageslöhner oder Diener beschäftigten gehörten zu dieser Kategorie. Diese Menschen und ihre Familie wurden als Klassenfeinde diffamiert und verfolgt.

2 Bolschewiki = ist eine ehemalige Bezeichnung für Parteimitglieder der KPdSU  (Kommunistische Partei der Sowjetunion). Der Begriff entstand 1903 auf dem zweiten Parteitag der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Russlands ( SDAPR ) in London . Die Anhänger Lenins stellten auf diesem Parteitag die Mehrheit (russ. bolschinstwo ) weswegen sie Bolschewiki genannt wurden. Die Minderheit (russ. menschinstwo ) nannte man Menschewiki.
Die Bolschewiki waren wesentlich radikaler als die anderen Teile der Partei. Sie strebten den baldigen Sturz des Zaren und die damit verbundene Einführung des Kommunismus an. Die Menschewiki verfolgten zwar das selbe Ziel wollten aber erst ausreichende Reformen einleiten.
Beim Ausbruch des Ersten Weltkriegs verurteilten die Bolschewiki eine Teilnahme Russlands als imperialistische Aggression. Sie gewannen stark an Zuwachs als die Truppen des Zaren an fast allen Fronten Rückschläge hinnehmen mussten.
In der  Oktoberrevolution  von  1917  wurden sie die stärkste Macht im Lande. Der aus dem Exil zurückgekehrte Wladimir Iljitsch Lenin übernahm die Führung der Kommunisten. Seine Macht basierte teilweise auf der Unterdrückung seiner Gegner.
Lew Trotzki, Volkskommissar für das Kriegswesen, formierte nach dem Friedensvertrag von Brest-Litowsk, den er als persönliche Niederlage betrachtete, die Rote Arbeiter- und Bauernarmee mit der er erfolgreich im russischen Bürgerkrieg (1917/18-1920) gegen die zaristisch-bürgerlichen Weißen, vorgehen konnte.
Bis 1922 schafften es die Bolschewiki fast den gesamten Osten des riesigen russischen Reiches zu kontrollieren. Damit verbunden war der so genannte Kriegskommunismus eine Wirtschaftspolitik die alle Unternehmen unter staatlicher Kontrolle stellte. Weitere repressive Maßnahmen führten zu extremen Versorgungsengpässen und damit auch zu Aufständen innerhalb der Bevölkerung.
Nach 1918 nannten sich die Bolschewiki "Kommunistische Partei und ab 1925 Kommunistische Partei der Sowjetunion mit dem Anhang (Bolschewiki). Im eigenen Land nahmen besonders zu Stalins Zeiten Repressalien gegen die sowjetische Bevölkerung zu. Die Geheimpolizei unterdrückte jede Opposition und bei Säuberungsaktionen wurden viele Kritiker und potenzielle Feinde verhaftet und getötet. Auf diese Art und Weise beherrschten die Kommunistische Partei lange Zeit das Land.

 

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