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Das Herzogtum Wirtemberg im 16. Jahrhundert

Der Aufstand der Remstaler Bauern1

(Teil 1 von 5)

Der Unmut der Untertanen über das verschwenderische Hofleben ihres Herrschers, Herzog Ulrich, über seine Schuldenwirtschaft, eigentlich über die gesamte Misswirtschaft, die seit Jahren in der württembergischen Staatsverwaltung herrschte, über die Korruption und die Ignoranz gegenüber alten bäuerlichen Rechten war damals sehr groß.


Victor Schivert (Holzschnitt):
die angebliche Wasserprobe des Gaispeter

Als der Herzog 1514 eine neue Verbrauchssteuer auf Fleisch, Mehl und Wein einführte und die Maße und Gewichte verkleinerte, rebellierte der Weber Peter Gaiß aus Beutelsbach, Gaispeter genannt, am 15. April 1514 (Ostersamstag), am Tag, an dem das erste Mal das neue Gewicht eingeführt werden sollte, nahm dem Metzger die neuen Gewichtsteine weg, zog mit seinen Anhängern an die Rems, einem Nebenfluss des Neckars, und schleuderte eines unter Trommelschlag und Pfeifen in den Fluss, indem er ein Gottesurteil forderte: „Haben wir Bauern Recht, so fall zu Boden, hat aber unser Herr Recht, so schwimm empor.“ Das Ergebnis fiel zu Ungunsten des Herzogs aus und das Volk jubelte: „Wir haben gewonnen!“ Gaispeter wurde zu einer Galionsfigur der Bauernbewegung „Armer Konrad“, was damals ein Synonym für den „armen Mann“, wie auch sonst in volkstümlichen Wendungen sich ein ähnlicher Gebrauch deutscher Vornamen findet („dummer Hans“, „faule Grete“). Letztlich aber für eine rituell verschworene Gemeinschaft von 'Unzufriedenen' stand.

Dem Gaispeters Beispiel folgten die Anhänger des Klaus Schlechtelins aus Großheppach, sowie diejenigen des Veit Bauer aus Grunbach. Sie vereinigten sich zu einem Haufen und zogen noch am selben Abend nach der Amtsstadt Schorndorf. Immer mehr schlossen sich unterwegs der Bewegung an, so dass sie vor der Stadt 3.000, nach anderen Quellen 5.000 Mann waren. Sie forderten die Stadt auf, sich ihnen anzuschließen, um die Steuern abzuschaffen und sich ihre ''alte Freyheit''. die allgemeine Gleichheit, wieder zu erlangen. Die Obrigkeit, die bei den Schorndorfern sehr beliebt war, ging zu den Bauern auf den Wasen vor die Stadt, sprach freundlich mit ihnen, ließ ihnen Brot und Wein reichen und versicherte ihnen, dass sie ihre Beschwerden dem Herzog vortragen und die Abschaffung der neuen Steuer erwirken würden. Nachdem die Bauern reichlich gegessen und getrunken hatten, zogen sie wieder in ihre Dörfer zurück.

 

Ansicht von Schorndorf, Kiesersche Forstkarte, 1685
Ansicht von Schorndorf,
Kiesersche Forstkarte, 1685

Herzog Ulrich, der sich in dem Moment auf einer seiner Lustreisen in Hessen befand, kehrte am 2. Mai zurück und ritt selbst mit ''nur'' 80 Pferden nach Schorndorf, nachdem er zuvor an alle Ämter auschrieben ließ, dass er die neuen Steuern aufheben und die Beschwerden auf einem Landtag2 untersuchen lassen wolle.

Auf dem Schorndorfer Wasen rief der Herzog die Amtsangehörigen am 5. Mai zu sich, wo sich auch eine gewisse Zahl ohne Waffen einfand.

Am 6. Mai 1514 schrieb Esslingen an Ulm, Heilbronn und Reutlingen:

den 5. d. M. haben sich die Aufwiegler gegen 3.000 Mann stark vor Schorndorf versammelt, seien jedoch zur Ruhe gestellt, worden und wieder abgezogen.

aus: Wirtembergische Geschichte: Schwaben und Südfranken: vornehmlich im 16. Jahrhundert, Cottaschen Buchhandlung Stuttgart, 1873, S. 99;

 

Nach Ulrichs Rede entschuldigten sich die Bauern und baten ihn um Verzeihung. Der Herzog versprach, sie nicht zu bestrafen und ritt nach Hause mit der Überzeugung, dass das Remstal zur Ruhe gekommen sei. Aber es sollte nur die Stille vor dem Sturm sein.

Das Remstal
Das Remstal

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1 Quelle: Wilhelm Zimmermann: Allgemeine Geschichte des grossen Bauernkrieges: nach handschriftlichen und und gedruckten Quellen, 1. Teil, Franz Heinrich Köhler Verlag, Stuttgart, 1841;
Verschiedene Autoren: Geschichten aus schweren Zeiten, Württembergische Volksbücher Herausgegeben vom Württ. Evangel. Lehrer-Unterstützungs-Verein, Verlag von Holland & Josenhans, Stuttgart;

2 Landtag: In Württemberg war schon im 15. Jahrhundert ein Landtag entstanden, in dem die Prälaten (geistlichen Würdenträgern) als Repräsentanten der großen Klöster und Vertreter der Städte saßen (anfänglich waren auch die Ritter vertreten, doch fielen sie als Landstand im 16. Jahrhundert hier aus.) Diese „Stände " erhielten 1492 außergewöhnliche Vollmachten unter Eberhard im Bart gegenüber dessen voraussichtlichen Nachfolger, weil dieser noch zu Lebzeiten Eberhards im Bart Schlimmes für ein ordentliches Regiment befürchten ließ. Tatsächlich setzte der Landtag dann 1498 schon zwei Jahre nach dem Regierungsantritt den offenbar zur Regierung nicht fähigen Herzog Eberhard II. ab und dessen Neffen Herzog Ulrich vorzeitig als Nachfolger ein.

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