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Das 17. Jahrhundert, ein Jahrhundert der Kriege
Der 30-jährige Krieg (1618 - 1648)
Kriegsberichte
ie Kriegsgreuel gingen nicht nur von den katholischen kaiserlichen Truppen aus, sondern ebenso von den protestantischen schwedischen Soldaten.
Jacques Callot: La maraude 1633 (aus der Serie Les misères de la guerre)
Ein Kriegsbericht von 1634 veranschaulicht die Leiden vor allem der ländlichen Bevölkerung, wenn sie in die Hände der Soldateska1 geriet:
Sebastian Vrancx: marodierende Soldateska
Bald fielen die Schweden
über
den Rhein herüber und jagten die Kaiserlichen aus ihren Quartieren,
bald jagten diese wieder jene hinaus. Dadurch wurde das ganze Land zwischen
Rhein und Main verelendet und kein Mensch durfte sich auf dem Lande blicken
lassen, denn dann wurde ihm nachgejagt wie einem Wild. Fing man ihn, so
wurde er unbarmherzig misshandelt, und damit er Geld, Vieh und Pferde verriete,
[...]
Wasserfolter, Holzschnitt von 1556
geknebelt, nackt an den heißen Ofen gebunden, aufgehängt
[...] oder mit Wasser und Jauche getränkt (der sogenannte Schwedentrunk2
,
weil von den Schweden zuerst angewandt), die man den Leuten zuberweise
in den Hals schüttete, worauf man ihnen mit Füßen auf die
dicken Bäuche sprang [...]
Weil keine Lebensmittel mehr auf dem Lande
waren, wurden alle Dörfer [...] von allen Einwohnern verlassen. Reinheim
und Zwingenberg standen zwei Jahre ganz leer und offen [...] Viele [...]
versteckten sich zwar in Wäldern, Höhlen [...] usw., aber sie
wurden auch hier aufgespürt, denn die Soldaten hatten menschenspürige
Hunde bei sich [...]
Anno 1635, nachdem das ganze Land ausgeplündert
und kein Vieh noch Pferd mehr vorhanden war, wurde auch die Sommerfrucht
[...] ausgesät [...] Zwischen und neben den Kriegsruten schickte uns
Gott die Pestilenz.
Die Pest
Sie kam zu Anfang des Jahres 1635 [...] auf, an der
viele starben [...] Im Frühjahr [...] fielen die Leute schnell und
haufenweise dahin [...], so dass man sie gar nicht alle begraben konnte
[...] Oft lagen Kranke bei den Toten in einem Bette [...] Die Pest währte
bis in den Herbst [...], sie riss aber dennoch viele Tausend Menschen
im Lande weg, so dass kaum der zwanzigste Teil, in einigen Dörfern
aber gar niemand übrig blieb [...] In Bieberau [...] waren es zusammen
[...] über 300 Seelen. Nach der Pest blieben nur noch 25 übrig.
General Matthias Gallas
Im Herbst wollte man sich an die Ernte des Wintergetreides und der Früchte
machen, da fiel eben zur Erntezeit der kaiserliche General
Gallas plötzlich
ins Land zwischen Main und Rhein [...]
Auf diese Teuerung folgte eine große
Hungersnot, die von Anno 1635-1638 dauerte ... Es wurden viele dermaßen
schwach, dass sie nichts als Haut und Knochen waren [...] Sie waren ganz
schwarz-gelb, mit weiten Augen, fleckigen Zähnen [...] dick geschwollen,
fiebrig [...] Fast alle Ehen wurden daher auch unfruchtbar [...] Ein
Ehegatte zog von dem andern in ein anderes Land, Brot zu suchen. Kinder
liefen von den Eltern weg und ein Teil sah [...] einander niemals wieder.
(Joh. Daniel Minck)
1 Soldateska = disziplinloses und gewalttätig vorgehendes Militär. Die Söldnerheere hatten damals nicht die heute aus Heeren bekannte - oder wenigstens geforderte - Disziplin. Vor allem durch die mangelnde Versorgung der Truppen kam es oft zu Plünderungen und Kommissionsforderungen an Städte. Auch Folter, wie das Anwenden des Schwedentrunkes, wurde genutzt, etwa um an versteckte Vorräte der Bauern zu kommen. Marodeure, die meist durch Verletzung oder Krankheit nicht mehr in der Lage waren, zu kämpfen, fanden in Plünderungen oft ihr einziges Auskommen.
2 Schwedentrunk = angewandte Foltermethode während des Dreißigjährigen Krieges, bei der den Opfern Jauche oder Wasser über einen Eimer oder Trichter direkt in den Mund eingeführt wurde. Durch die Jauche blähte sich der Bauch des Opfers stark auf. Auch zersetzte die stark säurehaltige Jauche die Magenschleimhaut des Opfers. Die eigentliche Folter bestand darin, dass der Bauch mit Brettern zusammengepresst wurde oder die Folterer auf dem Bauch des Opfers herumsprangen und trampelten. Marodeure versuchten damit Wertgegenstände, Nahrungsmittel oder ähnliches von der Zivilbevölkerung, meist Bauern, zu erpressen.