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Die Auswanderung der Württemberger

(Teil 1 von 4)

 

Bauernhof
Bauernhof

die Hungersnot von 1816/17 wirkte als der berühmte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt.

Obwohl die Landständische1 Verfassung von 1815 erst 1819 offiziell Geltung erlangte, kam es bereits 1816/17 zur Massen-auswanderung nach Russland. Quellen berichten, dass in der Zeit von Januar bis Juli 1817 zirka 17.500 Württemberger ihrer Heimat den Rücken kehrten, um im Osten ihr Glück zu suchen.

In den Auswanderungsakten findet man unter anderem immer wieder als Grund Nahrungslosigkeit, schlechte Zeiten und Mangel an Verdienst. Die vielen Auswanderer bereiteten den Behörden im Land vermehrt Sorge, da sehr oft fleißige und arbeitsame Untertanen das Land verließen.

 

Den Höhepunkt der Auswanderungsbewegung registrierten die Behörden in den ersten drei Monaten des Jahres 1817.

Mühlig Hugo: Landstraße mit Pferdewagen
Mühlig Hugo: Landstraße mit Pferdewagen

Auch meine Ururururgroßeltern väterlicherseits waren bei diesen ersten Auswanderern dabei:

  • Karl Friedrich Fieß, geb. am 23.1.1775, Bürger und Bäcker, wanderte 1818 mit
    • seiner Frau Anna Maria Albrecht, geb. am 13.9.1777, und 7 Kindern (Elisabeth Katharina, *3.5.1799; Johann Jakob, *8.10.1801; Gottlieb, *29.4.1805; Christina Catharina, *23.8.1807; Johann Martin, *11.12.1808; Christian Wendel, *29.9.1810; Anna Margitha, *6.3.1815) von Dürrmenz (Oberamt Maulbronn, Württemberg) nach Odessa aus.
Hier geht’s zu meinem Stammbaum mein Stammbaum

 

Zwischen 1816 und 1822 wanderten rund 24.000 Württemberger, davon rund 10.000 religiös motivierte, nicht nur nach Südosteuropa, sondern auch nach Amerika.

Juri Alexandrowitsch Golowkin
Juri Alexandrowitsch Golowkin

Vorbedingung hierfür war die 1803 erfolgte Einladung des russischen Zaren Alexander I. an Ausländer, sich im Schwarzmeergebiet anzusiedeln.

 

Bei diesem “Schwabenzug“ war keine Werbung im Spiel, vielmehr meldeten sich die Auswanderer auf eigene Initiative beim russischen Gesandten in Stuttgart, Graf Juri Alexandrowitsch Golowkin, der alles weitere veranlasste.

Der "Schwabenzug" ging bei den meisten Gruppen zunächst unter Einhaltung der Gütergemeinschaft vonstatten. Hiervon angelockt und, weil die Auswanderung laut Verordnung nur in organisierten Gruppen vor sich gehen sollte, gesellten sich auch viele andere, nicht nur religiös motivierte Auswanderungswillige zu den separatistischen "Harmonien".

Ausschnitt aus dem Konfessionsgemälde von Bad Windsheim: Taufhandlung
Taufhandlung

Nach zeitgenössischen Angaben setzte sich der "Schwabenzug" aus den eigentlichen Separatisten, "Armen" und Mitgliedern der Evangelischen Kirche, die sich wegen der neuen Liturgie in Gewissenszwang befanden, zusammen. Dabei dürfte die Kategorie "Arme" durchaus teilweise in den beiden anderen Kategorien enthalten gewesen sein.

 

Finanzielle Probleme während der Reise machten den Zug zum Martyrium. Einerseits brannten leitende Mitglieder mit der Reisekasse durch, was die Gütergemeinschaft zerstörte und eine beträchtliche Zahl von Auswanderern zur Abwanderung auf am Weg liegende ungarische und moldauische Güter veranlasste. Andererseits verkürzte der nicht eingeplante hohe Wegezoll in Bayern, Österreich und den osmanischen (türkischen) Provinzen die finanzielle Reichweite der Auswanderer.

 

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1 Stände= ständische (rechtlich und sozial abgeschlossene Gruppen) Volksvertretung; siehe die Einteilung der mittelalterlichen Ständeordnung.

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