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Die bessarabischen Juden im Fürstentum Moldau

(Teil 4 von 4)

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nde des 18. Jahrhunderts kam es in Bessarbien zu einer erneuten Judenimmigration. Sie kamen aus dem Inneren des Russischen Reiches und aus dem benachbarten, unter österreichischer Herrschaft stehenden Galizien, um dort dem Militärdienst zu entgehen. Auch waren die wirtschaftlichen Verhältnisse zu jener Zeit in der Moldau wohl besser als in Galizien und in Russland.

Galizien und Bessarabien in Mitteleuropa
Galizien und Bessarabien in Mitteleuropa

 

Dnister
Dnister

Einige der jüdischen Immigranten wurden zur Bewachung der Dnister-grenzübergänge eingesetzt und ersetzten somit die dort ansässigen Moldauer und Griechen. Dies ging solange bis der Gouverneur von Soroca die Ausweisung der Juden anordnete. Andere wiederum handelten mit Spirituosen (ukrainisch: horilka), die zuerst aus der Ukraine importiert und dann in lokalen Velniţas (Destillerien) auf Bojaren-Lehngütern selbst hergestellt wurden.

 

Chassid
Chassid

Ende des 18. Jahrhunderts verbreitete sich auch in Bessarabien die mystisch1-religiöse Bewegung des Chassidismus, die um 1735 in der Ukraine und Polen als Reaktion auf die Judenpogrome während des Chmelnizki-Aufstandes im Jahre 1648 entstanden war.

Der Einfall der Kosaken und die damit verbundene kulturelle Krise des Ostjudentums wurden vielerorts als Zeichen für das Bevorstehen der Endzeit gedeutet. Tatsächlich tauchten nach 1648 selbsternannte Messiasse auf, die die Erlösung ankündigten.

Zalman Kleinman: Chassidim reisen zu ihrem Rebbe
Zalman Kleinman: Chassidim reisen zu ihrem Rebbe

In diesen schwierigen Zeiten vermochten die Erklärungen der Rabbiner die Massen nicht mehr befriedigen. Die Bewegung kam von den Untersten, den Armen und den Ignorierten der Welt, brachte ihnen Hoffnung und öffnete ihnen einen neuen Blick auf die Welt, brachte neue Glücksgefühle und Befriedigung; sie wollten das wesentliche Gefühl genießen, ''Gottesgeschöpfe'' zu sein.

Zalman Kleinman: Chassidim beim innigen Beten
Zalman Kleinman: Chassidim beim innigen Beten

Beim innigen Gebet wollte und sollte man die Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten des öffentlichen Lebens vergessen und eine erneuerte Beziehung zur Wirklichkeit schaffen, um diese erträglicher zu machen.

Der Chassidismus, der sich auf die Lebenswelt der Juden bezog, hatte im Ostjudentum eine ungeheure Resonanz.

Er forderte weder Traurigkeit noch Askese (streng enthaltsame u. entsagende Lebensweise zur Verwirklichung sittlicher u. religiöser Ideale), sondern einen Lebens- und Frömmigkeitsstil, der von Ausgelassenheit, ekstatischen Gebetspraktiken und anderen eigenen Bräuchen geprägt war.

Zalman Kleinman: Chassidim beim Tanzen
Zalman Kleinman: Chassidim beim Tanzen

 

Das Studium der Thora war nun nicht mehr nur eine Sache der Gelehrten und Rabbiner, sondern seine Anhänger, die Chassidim, waren in allen Schichten und Berufen zu finden.

 

Die Zahl der Juden stieg während des 8. russisch-türkischen Krieges (1806-1812), als die podolisch-moldauische Grenze offen war, beträchtlich an.

 

1 Mystik = (griechisch: mystikós "geheimnisvoll") in der Religionsgeschichte eine Grundform religiösen Lebens, die durch Nachsinnen die Trennung zwischen menschlichem Ich und göttlichem Sein im Erlebnis der Erkenntnis Gottes aus Erfahrung (Cognitio Dei experimentalis) bzw. der Vereinigung (Unio mystica) aufzuheben sucht und zumeist als höchste Stufe der Frömmigkeit gilt.
Askese (streng enthaltsame und entsagende Lebensweise zur Verwirklichung sittlicher und religiöser Ideale) und Kontemplation (meditatives Nachdenken über die religiöse Wahrheit) dienen der Vorbereitung auf dieses Ziel. In ihren Ausdrucksformen durch den Mystiker kann sie gefühlsbetont, sinnlich-rauschhaft oder intellektuell-spekulativ sein.
Bedeutende Ausprägungen der Mystik sind in China der Daoismus, in Indien die Erlösungslehre des Vedanta (Shankara), in Japan der Zen-Buddhismus, im antiken Griechenland die Mysterienkulte, in der Spätantike der Neuplatonismus, im Judentum der Chassidismus und die Kabbala sowie im Islam der Sufismus. Im Christentum erscheint Mystik bereits im Neuen Testament v. a. bei Paulus und Johannes als Christus-Mystik, deren Ziel die unmittelbare Einheit mit Jesus Christus ist; seit dem Mittelalter oft in der Form der Passionsmystik, als Mitleiden mit Jesus.
Die deutsche Mystik erlebte in der Frauenmystik des 12./13. Jahrhunderts (Hildegard von Bingen, Mechthild von Magdeburg, Gertrud von Helfta) und der philosophisch-spekulativen Mystik des 13./14. Jahrhunderts (Meister Eckhart, H. Seuse, J. Tauler) ihren Höhepunkt. Heute kann v. a. das zunehmende Interesse für Esoterik und verschiedene Formen östlicher Religiosität in den modernen Industriegesellschaften als Mystik im Sinne von Verlangen nach Transzendenz gedeutet werden.

 

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1 Mystik = (griechisch: mystikós "geheimnisvoll") in der Religionsgeschichte eine Grundform religiösen Lebens, die durch Nachsinnen die Trennung zwischen menschlichem Ich und göttlichem Sein im Erlebnis der Erkenntnis Gottes aus Erfahrung (Cognitio Dei experimentalis) bzw. der Vereinigung (Unio mystica) aufzuheben sucht und zumeist als höchste Stufe der Frömmigkeit gilt.
Askese (streng enthaltsame und entsagende Lebensweise zur Verwirklichung sittlicher und religiöser Ideale) und Kontemplation (meditatives Nachdenken über die religiöse Wahrheit) dienen der Vorbereitung auf dieses Ziel. In ihren Ausdrucksformen durch den Mystiker kann sie gefühlsbetont, sinnlich-rauschhaft oder intellektuell-spekulativ sein.
Bedeutende Ausprägungen der Mystik sind in China der Daoismus, in Indien die Erlösungslehre des Vedanta (Shankara), in Japan der Zen-Buddhismus, im antiken Griechenland die Mysterienkulte, in der Spätantike der Neuplatonismus, im Judentum der Chassidismus und die Kabbala sowie im Islam der Sufismus. Im Christentum erscheint Mystik bereits im Neuen Testament v. a. bei Paulus und Johannes als Christus-Mystik, deren Ziel die unmittelbare Einheit mit Jesus Christus ist; seit dem Mittelalter oft in der Form der Passionsmystik, als Mitleiden mit Jesus.
Die deutsche Mystik erlebte in der Frauenmystik des 12./13. Jahrhunderts (Hildegard von Bingen, Mechthild von Magdeburg, Gertrud von Helfta) und der philosophisch-spekulativen Mystik des 13./14. Jahrhunderts (Meister Eckhart, H. Seuse, J. Tauler) ihren Höhepunkt. Heute kann v. a. das zunehmende Interesse für Esoterik und verschiedene Formen östlicher Religiosität in den modernen Industriegesellschaften als Mystik im Sinne von Verlangen nach Transzendenz gedeutet werden.

 

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