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Die Juden zur Zeit der Römer

(Teil 2 von 2)

Die Strafe Hamans
Michelangelo: Die Strafe Hamans 1508-1512
Fresko, Sixtinische Kapelle, Vatikan (Ausschnitt)

kaiser Theodosius II. war es, der im Jahr 408 das erste antijüdische Gesetz veröffentlichte. Er verbot das Purimfest, ein im Februar/März gefeiertes jüdisches Fest zur Erinnerung an die Errettung des jüdischen Volkes aus drohender Gefahr in der persischen Diaspora1. Nach dem Buch Ester des Alten Testamentes versuchte Haman, der höchste Regierungsbeamte des persischen Königs, die gesamten Juden im Perserreich an einem Tag auszurotten.

Und die Briefe wurden gesandt durch die Läufer in alle Länder des Königs, zu vertilgen, zu erwürgen und umzubringen alle Juden, jung und alt, Kinder und Weiber, auf einen Tag, nämlich auf den dreizehnten Tag des zwölften Monats, das ist der Monat Adar, und ihr Gut zu rauben. (Buch Esther 3,13)

Theodosius war der Ansicht war, dass die Juden, die während des Purimfestes eine Puppe an einem kreuzähnlichen Gestänge verbrannten, das christliche Kreuz verhöhnten und damit den christlichen Glauben verachteten. Die Kenntnis des “Purimspieles“ könnte im Abendland auch unmittelbar die spätere Vorstellung des Ritualmordes als Wiederholung der Kreuzigung Christi gefördert haben.

 

Kreuzestod Jesu Christi
Kreuzestod Jesu Christi

Aber schon bald danach kam der Vorwurf auf, die Juden seien Schuld am Kreuzestod Jesu Christi.

Wegen "des schrecklichen Mordes an Christus, gibt es weder Erlösung noch Nachsicht, noch Vergebung" für die Juden. Diese These motivierte seit dem 2. Jahrhundert eine grundlegende Abwertung und Isolierung aller Juden in der Christentumsgeschichte. Sie ist damit ein Zentralmotiv des christlichen Antijudaismus. Diese religiöse Diskriminierung der Juden ging mit dem Aufstieg des Christentums zur hierarchisch organisierten römischen Staatsreligion (380) einher und rechtfertigte fortan vielfach die Unterdrückung und Verfolgung der jüdischen Minderheit. Das in der Volksfrömmigkeit immer neu befestigte und verankerte Motiv trug wesentlich dazu bei, dass Judenfeindlichkeit nahezu 1800 Jahre lang ein „ kulturelles Grundmuster“ der Geschichte Europas war.

Ritualmord
Ritualmord

Und die Gottestötung wurde zum rituellen Kindesmord.

Die Wirkung dieser Art der Anklage ist natürlich eindeutig. Im ganzen Abendland beschuldigte man die Juden solcher Untaten, an die das Volk während der nächsten Jahrhunderte glauben sollte.

 

Das angebliche Opfer war in der Regel ein christlicher Junge, seltener ein Mädchen. Dieser angebliche "Ritualmord " findet am Karfreitag (wenn der Tod Jesu erinnert wird) statt und die Art und Weise der Tötung (Kreuzigung, Seitenstich) erinnert an einige Elemente der Folter und Kreuzigung Jesus'. Gemäß alter Schriften hätten die Juden nur durch ein solches Blutvergießen ihre Freiheit und ihre verlorene Heimat wiedergewinnen können.

 

Christenverfolgung unter Nero
Christenverfolgung unter Nero

Im Laufe der Jahrhunderte waren die Juden nicht die einzigen, denen solche blutigen Ritualmorde vorgeworfen wurden. Dies war eine unfehlbare Weise Andersgläubige, d.h. religiöse Gegner, zu schädigen und zu verfolgen.

Schon im 1. Jahrhundert z.B. wurde den Christen von den Römern vorgeworfen, dass sie heimlich Kinder töteten, um ihr Blut zu rituellen Zwecken zu verwenden.

Der Grund dafür war, dass das Christentum (religio ilicita) zu jener Zeit als eine jüdische “Sekte“ galt, die immer populärer und deshalb immer “gefährlicher“ wurde. Solche verleumderischen Behauptungen wurden durch Zitate aus dem Evangelium bestätigt:

"Jesus sprach zu ihnen: Wahrlich, wahrlich ich sage euch: Werdet ihr nicht essen das Fleisch des Menschensohnes und trinken sein Blut, so habt ihr kein Leben in euch." (Johannes 6,53).

 

Christenverfolgung
Christenverfolgung

 

Erst die Mailänder Vereinbarung von 313 brachte die Duldung des Christentums und das Ende der Christenverfolgungen im Römischen Reich.

Nur wenige Jahrhunderte später benutzten die Christen solche Vorwürfe gegen ihre eigenen Feinde: die Juden.

 

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1 Der Begriff “Diaspora“ kommt aus dem Griechischen und bedeutet so viel wie “Zerstreuung“ im Sinne einer Entfernung von der ursprünglichen Heimat; nachdem die Juden als orientalisches Volk, das das Land Israel bewohnte, um ca. 1000 v. Chr. in die Geschichte eingetreten sind, machte diese Gemeinschaft im Verlaufe seiner weiteren Entwicklung schon früh die Erfahrung, was es bedeutet, in fremde Herrschaften und Kulturen eingebunden zu werden (z.B. im “Babylonischen Exil“, d. h. der Deportation der jüdischen Oberschicht durch den neubabylonischen König Nebukadnezar II. 587 v. Chr.). Nach der Heimkehr der Juden und dem Bau des Zweiten Tempels (515 v. Chr.) in Jerusalem, wurde dessen Zerstörung durch die Römer 70 n. Chr. zur traumatischen Erfahrung dieses Volkes.

 

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