Die Situation im sowjetisch besetzten Ost-Sektor

 

an der Grenze zwischen West- und Ostberlin
Familien und Freunde getrennt durch den Stacheldraht

Damals, Ende der 50iger Jahre, war die Weltlage hoch brisant; Berlin war die Frontstadt des Kalten Krieges1; Dutzende Geheimdienste bespitzelten und sabotierten sich gegenseitig. Im Berliner Umland lieferten sich die westlichen Militärmissionen mit den Vopos und den Sowjets wilde Verfolgungsfahrten, die gelegentlich mit Schlägereien und manchmal auch mit Toten endeten.

Hochgerüstet standen Briten, Amerikaner, Franzosen und Sowjets einander in der alten Reichshauptstadt gegenüber. Jedes Missverständnis konnte einen Nuklearkrieg auslösen.

Zunächst durften sich die Berliner frei zwischen allen Sektoren bewegen, aber mit der Entwicklung des Kalten Krieges wurden ihre Bewegungen eingeschränkt und die Grenze zwischen Ost- und Westdeutschland wurde 1957 geschlossen. Die Anziehungskraft auf die Westsektoren Berlins wurde für die Bürger Ostdeutschlands immer größer.

Berlino e il muro
1946 - Nachkriegszeit Frauen beim Hamsterkauf
1946 - Nachkriegszeit
Frauen beim Hamsterkauf

Zwischen 1945 und 1961 flohen rund 2,7 Millionen Menschen nach West-Berlin, die dann später in die Bundesrepublik weiterzogen. Es war ein stetiger Strom von oft gut qualifizierten Arbeitskräften aus dem Osten in den Westen. Die Wirtschaft der Demokratischen Republik brauchte aber dringend Arbeitskräfte und konnte die “Blutung“ nicht mehr länger aushalten. Deshalb wurde am 13. August 1961 auf Anweisung der SED-Führung die Sektorengrenze zwischen Ost- und Westberlin zur Berliner Mauer, eine ca. 3,50 m hohe Betonmauer, ausgebaut. Man verkaufte sie als "antifaschistischen Schutzwall", der die DDR-Bürger vor dem kapitalistischen Westen schützen sollte. Bald war die ganze DDR umgeben von Gräben, Stacheldrahtzäunen und Minenfeldern - auch Todesstreifen genannt.

Ein Kommentar meines Cousins, „siehste hier, noch 50 km und für uns ist die Welt zu Ende“, indem er mit dem Finger gen Westen zeigte. Über 40 Jahre lang, sollten zwei deutsche Staaten nebeneinander und oft gegeneinander existieren.

Durch den Mauerbau von 1961 konnte die DDR nun auf alle Arbeitskräfte im Land zählen. Durch die Stärkung ihrer Produktionssysteme erreichte die DDR in wenigen Jahren den höchsten Lebensstandard unter den Ländern Osteuropas.

Die Einwohner Berlins befanden sich aber in einer tragischen Situation. Wie schon bei der Teilung Deutschlands, kam es nun zur Teilung ganzer Familien.

die staunenden Westberliner schauen dem Mauerbau zu
die staunenden Westberliner
schauen dem Mauerbau zu

Zwei Jahre lang war Berlin nach dem Mauerbau eine total geteilte Stadt, in der es bis auf die notwendigsten technischen Kontakte keine Kommunikation und Besuchsmöglichkeiten für die Bevölkerung gab. Auch die Telefonverbindungen waren gekappt worden. Der Kalte Krieg zeigte sich in Berlin von seiner brutalsten Seite. Die Zufahrtswege von der Bundesrepublik nach West-Berlin waren zwar prinzipiell gesichert, unterlagen aber der Kontrolle durch DDR-Grenzbehörden, die Reisende nach Belieben schikanieren konnten und dies auch taten. Eine Autofahrt oder Zugreise nach Westberlin wurde so häufig zu einem Abenteuer.

stazione
Attenzione! in direzione est la stazione Gesundbrunnen
è l'ultima stazione nel settore ovest

Außerdem brachte die Schließung der Grenze zwischen den beiden Stadtteilen, die wirtschaftliche und politische Existenz des westlichen Teils der Stadt, der sich isoliert mitten in einem anderen Staat befand, in ernsthafte Gefahr. Die neue, schwere Berlinkrise hat jedoch gezeigt, dass es unmöglich war, die Existenz des anderen deutschen Staates zu ignorieren. Die Lösungen des Problems mussten aber in einer internationalen Entspannungspolitik gesucht werden, d.h. in einer Verbesserung der Beziehungen zwischen den Staaten.

Aber wie konnte das geschehen, wie konnte man sich einem Staat annähern, der jeden Kontakt nach Westen blockierte?

der 17jährige Peter Fechter war das erste Maueropfer; 17.8.1962
der 17jährige Peter Fechter
war das erste Maueropfer;
17.8.1962

Die zahlreichen Fluchtversuche machten die Hoffnungslosigkeit der Bevölkerung besonders deutlich. Die Gesamtzahl der Todesopfer bei gescheiterten Fluchtversuchen aus der DDR wird heute mit etwa 900 angegeben.

Unter den vielen Opfern in Berlin erregte das Schicksal des jungen Bauarbeiters Peter Fechter im August 1961 besonderes Aufsehen. Fechter wurde bei einem Fluchtversuch von Grenzsoldaten angeschossen und verblutete vor den Augen Westberliner Zuschauer im Grenzstreifen, ohne dass ihm Volkspolizisten zu Hilfe kamen.

Allmählich kam man zu der bitteren Erkenntnis, dass diese Grenze gewaltsam nicht zu verändern war.

Willy Brandt und Erich Honecker
Willy Brandt und Erich Honecker

Erst unter Willy Brandt, Bürgermeister von Westberlin bis 1966, entstand durch Annäherung ein Wandel in der Ostpolitik, die sogenannte "Politik der kleinen Schritte." Ziel war es die Berliner Mauer durchlässiger zu machen. Durch Passierscheine für West-Berliner sollte eine Erleichterung der menschlichen Beziehungen zwischen den beiden Teilen der Stadt entstehen. Mit dieser „Neuen Ostpolitik“ bemühte sich Willy Brandt um eine Entspannungspolitik zwischen den verfeindeten Blöcken.

Die Aussicht auf eine Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten und den beiden Teilen Berlins schien sich immer weiter zu entfernen. Und wieder war es Willy, amtierender Bundeskanzler (seit 1969), der zu einem weiteren Beitrag zur Lösung der Berlinfrage beitrug, indem er versuchte ein „geregeltes Nebeneinander“ mit der DDR herzustellen.

Transitabkommen
1971: Transitabkommen, unterzeichnet von
Egon Bahr (links) und Michael Kohl (rechts)

Frankreich, Großbritannien, die Vereinigten Staaten und die Sowjetunion, als Besatzungsmächte, unterzeichneten im Sommer 1971 das Viermächteabkommen über Berlin. Die Sowjetunion garantierte den Zivilverkehr zwischen der BRD und West-Berlin durch das Hoheitsgebiet der DDR, akzeptierte das Recht die Anwesenheit der Westmächte in West-Berlin und die Verbindungen zwischen dem Westsektor der Stadt und der BRD.

die Grenze in Berlin (Invalidenstraße) Willkommen in der Hauptstadt der DDR
die Grenze in Berlin (Invalidenstraße)
Willkommen in der Hauptstadt der DDR

Die Westberliner konnten nun endlich wieder nach Ostberlin und nach Jahren der Unterbrechung wurden die Telefonleitungen wieder hergestellt.

Die Westmächte bestätigten, dass Westberlin kein Teil der BRD war; daher konnte die Bonner Regierung Westberlin auch nicht unterstützen und musste auf die Souveränität der Stadt verzichten.

Nach langwierigen Verhandlungen wurde im Dezember 1972 der Grundlagenvertrag abgeschlossen, der die Beziehungen zwischen den beiden deutschen Staaten regeln sollte. Es wäre sicher naiv zu glauben, dass der Vertrag immer respektiert worden wäre. Internationale Spannungen und Meinungsverschiedenheiten zwischen den beiden Ländern verhinderten oft die ordnungsgemäße Anwendung.

Doch sowohl das Viermächteabkommen über Berlin, wie der Grundlagenvertrag erlaubte Berlin die Zukunft in einer klareren Perspektive zu sehen. Die Stadt war in der Lage die wirtschaftlichen, finanziellen und kulturellen Beziehungen mit der Bundesrepublik zu erhalten und zu stärken.

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1 Kalter Krieg = Auseinandersetzung nach 1945 zwischen den beiden Machtblöcken USA und Sowjetunion. Eine direkte militärische Auseinandersetzung zwischen den beiden Supermächten gab es nicht, aber dafür erbitterte wirtschaftliche, diplomatische und ideologische Kämpfe. Gegensätzliche Interessen bedingten gegenseitiges Misstrauen und Feindseligkeit in der eskalierenden ideologischen Auseinandersetzung.