Die Berliner Mauer

 

(Teil 1 von 4)

 

Conrad Schumann
der 19-jährige Conrad Schuhmann1
Freiwilliger der Volkspolizei
flüchtetet nach Westberlin

Gleich nach der Kapitulation 1945 begannen die ersten Fluchtversuche aus dem sowjetisch besetzten Teil Deutschlands.

Bis zum Mauerbau 1961 setzten sich 2,7 Millionen Ostdeutsche in den Westen ab, im Durchschnitt an jedem Tag ein mittelgroßes Dorf.

Vor allem junge Leute und Akademiker setzten sich ab, die DDR drohte ein greiser Arbeiter- und Bauernstaat zu werden. Entgegen Ulbrichts Erwartungen versiegte der Flüchtlingsstrom jedoch nicht.

1957 schloss die SED weitgehend die innerdeutsche Grenze; Reisevisa wurden kaum noch ausgestellt. Wer die DDR ohne Erlaubnis verließ, beging "Republikflucht", ein politisches Verbrechen, das hart bestraft wurde und schon 1956 offiziell kriminalisiert wurde.

Die Bevölkerung Berlins befand sich in einer dramatischen Situation. Wie nach der Teilung Deutschlands 1945, mussten sie der Trennung von ganzen Familien zusehen.

Grenzübergang der Westalliierten „Checkpoint Charlie“
Grenzübergang der Westalliierten „Checkpoint Charlie“

Schätzungen zufolge wurden über 75.000 Menschen von DDR-Gerichten wegen sogenannter „Republikflucht“ mit einer Freiheitsstrafe von ein bis drei Jahre verurteilt. Nach der Haft unterstanden sie der Aufsicht des Ministeriums für Staatssicherheit (Stasi).

Wer bewaffnet war, Grenzstrukturen beschädigte, Militärmitglied war oder von Geheimnissen wusste und während eines Fluchtversuches verhaftet wurde, riskierte bis zu acht Jahren Gefängnis. In den 80er Jahren wurden von 1.500 bis 2.000 Personen wegen „Republikflucht“ verhaftet. Etwa die Hälfte aller Flüchtlinge kam über Berlin.

Von 1949 bis 1989 zählte man zirka 872 Todesfälle einschließlich der Grenzsoldaten, die bei der Flucht getötet wurden. Da die Behörden der Deutschen Demokratischen Republik die Todesfälle verheimlichten, wird davon ausgegangen, dass die Zahl der Opfer höher ist.

der Tunnel von Erwin Becker
der Tunnel von Erwin Becker

Aber es gab auch gelungene Fluchtversuche. Rund 300 DDR-Flüchtlinge entkamen in Berlin durch mehr als 60 selbst gegrabene Tunnel in den Westen. Für viele war dies der einzige Weg nach dem Mauerbau, dem SED-Staat zu entfliehen.

Der erste Fluchttunnel entstand gleich nach der Teilung der Stadt 1961, der letzte entstand in den 1980er Jahren.

Zu den bekanntesten Fluchttunel zählen der Pankower Friedhofstunnel, Erwin Beckers Fluchttunnel, der Tunnel 29, der Rentnertunnel, der Tunnel 57 und das Unternehmen Maulwurf.

Menschen flüchteten aber auch auf andere Art, wie z. B. durch die U-Bahn-Tunnel, sprangen aus den Fenstern, in umgebauten Autos, mit falschen und ausgeliehenen Pässen, mit falschen amerikanischen oder russischen Offiziersuniformen, durch die Kanalisation usw.

Heißluftballon

Mit einem Heißluftballon gelang 1979 den Familien Strelzyk und Wetzel die Flucht von Thüringen nach Bayern. So spektakulär hatte noch kaum jemand den "Eisernen Vorhang" überwunden. Der Flug der vier Erwachsenen und vier Kinder dauerte 28 Minuten.

Der Fall wurde 1981 verfilmt: "Mit dem Wind nach Westen".

In den 70er- und 80er- Jahren wählten viele den Fluchtweg über die Ostsee. Sie versuchten, mit Luftmatratzen oder Surfbrettern die Küsten in Schleswig-Holstein, Dänemark oder Schweden zu erreichen, was fast 200 Menschenleben forderte.

 

Flucht

 

Am 31. März 1983, kurz nach vier Uhr morgens, gelang es Michael Becker und Holger Bethke eine der spektakulärsten Mauerfluchten. Mit einer Art Drahtseilbahn seilten sie sich von einem Haus zum anderen – von Ostberlin nach Westberlin.

 

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1 Hans Conrad Schumann (* 28. März 1942 in Zschochau; † 20. Juni 1998 in Oberemmendorf) war einer der ersten Grenzflüchtlinge nach dem Bau der Berliner Mauer. Das Foto von seinem Sprung über eine Stacheldrahtrolle gehört zu den bekanntesten Bildern des Kalten Krieges