Das Ende der Stasi

 

Während der friedlichen Revolution 1989 war der Staatssicherheitsdienst neben der SED und ihren Funktionären einer der Hauptadressaten der Demonstrationen.

Montagsdemonstration in Leipzig am 18. Dezember 1989
Montagsdemonstration in Leipzig am 18. Dezember 1989

Bürger bemächtigten sich der Stasi-Gebäude und wirkten in der Folgezeit an der Auflösung des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) mit.

Erich Mielke
Erich Mielke

Mit der friedlichen Revolution in der DDR sahen die Stasi-Offizier das Ende ihre Geheimpolizei gekommen. Ende Oktober 1989 erteilte der Minister für Staatssicherheit Erich Mielke den ersten Befehl zur Vernichtung von Unterlagen der Kreisdienststellen der Staatssicherheit.
Sein Nachfolger Wolfgang Schwanitz startete am 21. November 1989 die "Aktion Reißwolf". Es wurden Unmengen von Akten der Stasi vernichtet, wodurch sich zahlreiche Mitarbeiter der Verantwortung für ihre Stasi-Mitarbeit entziehen konnten. Was der Reißwolf nicht schaffte, wurde mit der Hand zerrissen.
Nach vorsichtigen Schätzungen waren die erhaltenen 111 Kilometer Akten aber nur die Hälfte des ursprünglichen Bestandes. Allein aus der Telefonüberwachung wurden 20 Kilometer Akten vernichtet. Die elektronischen Datenträger mit Angaben zu sechs Millionen Personen wurden zerstört.
Durch den Einsatz engagierter Bürgerkomitees konnte eine weitere Vernichtung von Unterlagen durch MfS-Mitarbeiter verhindert werden. Etwa 180 Kilometer unbeschädigter Akten sowie etwa 16.000 Säcke mit geschätzt 600 Millionen Papierfetzen konnten gesichert werden, mit denen sich seit 1995 ein Team der ''Stasi-Unterlagen-Behörde'' – wie die zuständige Bundesbehörde umgangssprachlich genannt wird – beschäftigt, diese Papierfetzen wieder zusammenzusetzen.

Hans Modrow
Hans Modrow

Am 8. Januar 1990 lehnte die Regierung Modrow eine Aufarbeitung der Stasi-Akten ab: „Eine...Offenlegung...kann zu großen Gefahren für die Gesellschaft, für die internationalen Beziehungen unseres Staates und für das Zusammenleben unserer Bürger führen, besonders auch zu gewalttätigen Auseinandersetzungen bis hin zu Mord und Terror.“

Bei der Beseitigung der Akten wurde die Stasi ausgerechnet aus Bonn unterstützt. Die Kohl-Regierung war alarmiert, denn die Stasi hatte im Westen 25.000 Telefonanschlüsse von Politikern, Managern und Geheimnisträgern abgehört und protokolliert.

Joachim Gauck
Joachim Gauck

Am 3. Oktober 1990 übernahmen der Sonderbeauftragte der Bundesregierung, Joachim Gauck und die nach ihm benannte Gauck-Behörde die Verantwortung für die Aufbewahrung, Sicherung und Sichtung der Stasi-Akten, zu denen u. a. etwa sechs Millionen (bei einer Bevölkerung von zirka 16 Millionen) personenbezogene Akten gehören.

Am 20. Dezember 1991 wurde das so genannte Stasi-Unterlagen-Gesetz (StUG) verabschiedet, das den Betroffenen seit 1. Januar 1992 (nach erfolgter Antragstellung) das Recht auf Einsichtnahme in personenbezogene Unterlagen gewährt.
Seitdem erhielt das Gesetz verschiedene Novellierungen. Aufgrund des Dritten Stasi-Unterlagen-Änderungsgesetzes (3. StUÄndG) vom 1. August 1998 wurde in Paragraf 19 die Erteilung von Auskünften über inoffizielle Zusammenarbeit mit der Stasi eingeschränkt. Danach unterbleibt bei Überprüfungen die Mitteilung einer IM1-Tätigkeit für den Staatssicherheitsdienst, wenn kein Hinweis auf eine solche Tätigkeit nach dem 31. Dezember 1975 vorliegt. Auf Grund erwiesener Zusammenarbeit mit der Stasi mussten in den neuen Ländern einige Politiker von ihren Ämtern zurücktreten.

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1 IM = Inoffizieller Mitarbeiter (IM) der DDR war eine Person, die verdeckt Informationen an das Ministerium für Staatssicherheit (Stasi) lieferte, ohne formal für diese Behörde zu arbeiten. Ein Teil der Inoffiziellen Mitarbeiter handelte aus politischer Überzeugung, andere versprachen sich davon Vergünstigungen oder sie wurden unter Druck gesetzt. Die Kooperationszeit währte durchschnittlich 6 bis 10 Jahre, konnte in Einzelfällen aber auch wesentlich länger dauern.
Die Stasi verfügte über ein Netz aus IMs in allen Bevölkerungsgruppen der DDR und bildete somit ein tragendes Element des Überwachungssystems der SED-Diktatur. Bei den Informationen handelte es sich in der Regel um Berichte über das Verhalten von Personen aus dem persönlichen oder beruflichen Umfeld des IMs. Häufig wurden Kollegen, Bekannte, Freunde und sogar Familienangehörige bespitzelt.
Mit der Öffnung der Archive der Stasi im Zuge der deutschen Wiedervereinigung gelangten die Berichte und die Identität zahlreicher IM ans Tageslicht, was zur Aufklärung etlicher menschlicher Tragödien führte. Gleichzeitig zerbrachen viele Freundes- und Paarbeziehungen, nachdem die Spitzeltätigkeit einer der Personen gegen die andere bekannt wurde.
Die Satsi führte im Laufe ihrer Existenz rund 624.000 Menschen als Inoffizielle Mitarbeiter, die Dossiers von über 6 Millionen Menschen verfassten.