Die Stasiopfer

 

Während der über 40-jährigen Diktatur in Ostdeutschland wurden im Stasi-Gefängnis in Hohenschönhausen mehr als 40.000 Menschen inhaftiert.

Ungefähr 10% der politischen Häftlinge der DDR wurden in den Westen abgeschoben. Die DDR verdiente mit diesem System 3,4 Milliarden DM.

Seit 2007 können zirka 43.000 Opfer des SED-Regimes eine Entschädigung für Haft und Verfolgung beantragen, wenn sie zwischen dem 8. Mai 1945 und der Wiedervereinigung unrechtmäßig mindestens sechs Monate im Gefängnis saßen und als finanziell bedürftig gelten. Das sind Alleinstehende mit monatlich weniger als 1041 Euro und in Partnerschaft Lebende mit weniger als 1388 Euro Einkommen.
Ab dem 01. Januar 2015 soll die Opferrente von den aktuellen 250 Euro auf höchstens 300 Euro monatlich steigen. Neben der Erhöhung für politisch Verfolgte sieht der Gesetzesentwurf auch 30 Euro mehr für beruflich Benachteiligte vor, die in der ehemaligen DDR nicht studieren durften, womit die Zahlungen von derzeit 184 Euro auf 214 Euro monatlich steigen werden. Die Gesetzesänderung tritt zum 1. Januar 2015 in Kraft und ist für die Leidtragenden des DDR-Unrechtssystems ein symbolisches Zeichen der Wiedergutmachung. (Stand: 07.11.2014)

Zu den Opfern der Stasi zählen:

  • Rudolf Bahro
    Rudolf Bahro
    der deutsche Philosoph, Sozialökologe und Politiker Rudolf Bahro, der nach dem Vorabdruck seines Buches „Die Alternative, Zur Kritik des real existierenden Sozialismus“ im westdeutschen Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ am 25. August 1977 verhaftet wurde. Am 30. Juni 1978 wurde er wegen „landesverräterischer Sammlung von Nachrichten“ und „Geheimnisverrats“ zu 8 Jahren Freiheitsentzug verurteilt.
  • der DDR-Regimekritiker und Kriegsdienstverweigerer Nico Hübner, der 1977 einen Ausreiseantrag in die Bundesrepublik stellte, 1978 verhaftet wurde und wegen Wehrpflichtverletzung und staatsfeindlicher Hetze zu 5 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt wurde.

Am 11. Oktober 1979 wurden Bahro und Hübner anlässlich des 30. Jahrestages der Gründung der DDR amnestiert und in die Bundesrepublik Deutschland abgeschoben.

  • Jörg Berger
    Jörg Berger
    der Fußballspieler und -trainer der DDR Jörg Berger, der sich 1979 von einem Spiel seiner Mannschaft in Jugoslawien entfernte und mit falschen Papieren floh.
    Als DDR-Flüchtling sah er sich Bedrohungen ausgesetzt, die von der Stasi im Westen organisiert wurden.

    In der Mitte der 1980er Jahre überlebte er einen Giftanschlag. Beweise für die Morddrohungen erhielt er aber erst nach der Wiedervereinigung Deutschlands 1990 nach Durchsicht seiner Stasiakten.

  • Wolf Biermann
    Wolf Biermann
    der Liedermacher und Lyriker Wolf Biermann, der 1936 in Hamburg geboren ist und 1953 auf Veranlassung von Margot Honecker (Frau von Erich Honecker), die ihn seit seiner Kindheit kannte, in die DDR übersiedelte. 1963 bekam Biermann ein für 6 Monate dauerndes Auftrittsverbot. 1976 kritisierte er bei einem Konzert in der BRD die DDR und wurde „wegen grober Verletzung der staatsbürgerlichen Pflichten“ ausgebürgert.
    Dieser Vorgang löste energische Proteste aus und führte zu einer Unterschriftensammlung bei namhaften Künstlern und Schriftstellern - für die SED ein ungeheuerlicher Akt. Zahlreiche prominente Unterzeichner wurden anschließend unter Druck gesetzt und so zur Ausreise in die Bundesrepublik getrieben, einige auch verhaftet. 1979 eskalierte die Auseinandersetzung und führte zum Ausschluss von zahlreichen berühmten Mitgliedern aus dem Schriftstellerverband, was einem Berufsverbot gleichkam.
  • der DDR-Bürgerrechtler und Schriftsteller Jürgen Fuchs, der nach Protesten gegen die Ausbürgerung von Wolf Biermann mit Gerulf Pannach (Liedermacher und Texter) und Christian Kunert (Liedermacher und Musiker) im November 1976 verhaftet wurde. Nach neun Monaten Haft im Gefängnis der Stasi in Berlin-Hohenschönhausen und internationalen Protesten wurden Pannach, Fuchs und Kunert unter Androhung langer Haftstrafen zur Ausreise gezwungen und nach West-Berlin entlassen.

    Christian Kunert, Gerulf Pannach, Wolf Biermann und Jürgen Fuchs in West Berlin (August 1977)
    Christian Kunert, Gerulf Pannach, Wolf Biermann und Jürgen Fuchs in West Berlin (August 1977)
  • Lutz Eigendorf
    Lutz Eigendorf
    der Fußballspieler Lutz Eigendorf, der nach einem Freundschaftsspiel im Westen einen Stadtbummel ausnutzte, um sich von der Mannschaft abzusetzen.
    Westdeutsche, die für die Stasi als inoffizielle Informanten arbeiteten, überwachten ihn fast ständig. In der Nacht des 5. März 1983 wurde Eigendorf bei einem mysteriösen Verkehrsunfall schwer verletzt und starb zwei Tage später.
    Die Obduktion ergab einen sehr hohen Alkoholgehalt im Blut, obwohl er nach Zeugenaussagen am Abend zuvor sehr wenig Bier zu sich genommen hätte.
    Nach Öffnung der Stasi-Archive konnten Hinweise gefunden werden, dass der vermeintliche „Verkehrsunfall“ ein von der Staatssicherheit der DDR zumindest geplanter Mordanschlag gewesen sein könnte.
  • der Fluchthelfer Michael Gartenschläger, der beim Versuch, Selbstschussanlagen an der Grenze abzumontieren als politischer Häftling durch ein Spezialkommando der DDR-Staatssicherheit 1976 an der innerdeutschen Grenze erschossen wurde.
  • der Schriftsteller, Maler und Komponist Florian Havemann (Sohn des bekannten DDR-Regimekritikers Robert Havemann), der als 16-jähriger 1968 zu einer 4-monatigen Haftstrafe verurteilt wurde, weil er gegen die gewaltsame Beendigung des Prager Frühlings1 protestiert hatte. 1971 floh Havemann in den Westen.
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1 Der Prager Frühling ist die Bezeichnung für die Bemühungen der tschechoslowakischen Kommunistischen Partei (KPČ) unter Alexander Dubček im Frühjahr 1968, ein Liberalisierungs- und Demokratisierungsprogramm durchzusetzen. Mit dem Begriff „Prager Frühling“ verbinden sich zwei gegensätzliche Vorgänge: einerseits der Versuch, einen „Sozialismus mit menschlichem Antlitz“ zu schaffen, andererseits aber auch die gewaltsame Niederschlagung dieses Versuchs durch am 21. August 1968 einmarschierende Truppen des Warschauer Paktes.