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Bessarabien unter russischer Herrschaft
(Teil 5 von 7)
Bessarabien im 2. Weltkrieg
Waffenstillstandsverhandlungen zwischen
Frankreich und Deutschland Juni 1940;
links Wilhelm Keitel als deutscher Verhandlungsleiter,
ihm gegenüber rechts
Charles Huntziger (franz. Beauftragter)
ach dem Ende des deutschen Westfeld-
zugs kam es am 22. Juni 1940 zur Unterzeichnung des Waffenstillstandes von Compiègne.
Die Sowjetunion sah den Zeitpunkt gekommen, die Rückgabe des für sie strategisch wichtigen Bessarabien nach 22 Jahren (ihrer Meinung nach widerrechtlichen) Zugehörigkeit zu Rumänien zu verlangen.
Bessarabien war ein fruchtbares Hinterland für den Schwarzmeerhafen Odessa, ein Kontrollposten an der Donaumündung und ein Brückenkopf für die sowjetische Präsenz in Südosteuropa.
die Lage Bessarabiens in Europa
Das Ultimatum der Sowjetunion an Rumänien vom 26. Juni 1940, Bessarabien und den nördlichen Teil Buchenwalds (Bukowina) innerhalb von drei Tagen von den rumänischen Truppen zu räumen, brach katastrophenartig über die Bessa-rabiendeutschen herein.
Rumänien gab dem Druck von Osten nach, nachdem sein Hilfegesuch beim deutschen Verbündeten in Berlin abschlägig beschieden worden war. Ein „Nein“ Rumäniens hätte den Krieg bedeutet.
Am 28. Juni 1940 besetzte die sowjetische Rote Armee das Territorium Bessarabiens und der Nordbukowina. Obwohl die rumänische Führung schon seit längerem eine sowjetische Offensive befürchtet hatte, wurde sie doch von der Invasion überrascht.
Wie im Geheimen Zusatzprotokoll2 des Deutsch-sowjetischen Nichtangriffsvertrages3 verabredet, duldete das Deutsche Reich die Besetzung Bessarbiens, denn gegenüber der Sowjetunion hatte es in Ziffer 3 das völlige politische Desinteresse an diesem Gebiet [Bessarabien] erklärt. (Siehe Bild unten)
Geheimes Zusatzprotokoll des Deutsch-sowjetischen Nichtangriffsvertrages:
... Hinsichtlich dem Südosten Europas wird von sowjetischer Seite das Interesse an Bessarabien betont. Von deutscher Seite wird das völlige politische Desinteresse an diesem Gebiet erklärt. (Ziffer 3.)
Karikatur aus der Zeit
nach dem Hitler-Stalin-Pakt 1939
Der Nichtangriffsvertrag zwischen Deutschland und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken war kurzfristig am 23. August 1939 in Moskau unterzeichnet worden und beinhaltete das Geheimprotokoll über die Aufteilung Osteuropas in „Einflusszonen“.
Am Donnerstag, den 24. August 1939 veröffentlichte die Volkszeitung auf der Titelseite folgenden Artikel:
Der Nichtangriffsvertrag gab Hitler freie Hand gegen Polen, das er am 1. September 1939 überfiel. Stalin verschaffte der Vertrag große Gebietsgewinne und die Aussicht, nicht in den Krieg zwischen Deutschland und den Westmächten verwickelt zu werden. Unmittelbare Folge des Ribbentrop-Molotow-Pakts war der Einmarsch der Roten Armee in Polen am 17. September 1939, die Annexion der drei unabhängigen baltischen Staaten durch die Sowjetunion und ebenso Bessarabiens und der nördlichen Bukowina im Sommer des Jahres 1940.
Die beiden Diktatoren begrüßen sich über dem besiegten Polen
(Karikatur von David Low in der britischen Zeitung Evening Standard vom 20. September 1939)
Deutsch-Sowjetischer Grenz- und
Freundschaftsvertrag
Am 28. September 1939, etwa ein Monat nach dem Abschluss des Nichtsangriffsvertrages trafen sich in Moskau Wjatscheslaw Michailowitsch Molotow (Vor-sitzender, der sowjetischen Regierung und Volkskommissar für Auswärtige Angelegenheiten der UdSSR) und Joachim von Ribbentrop (persönlicher Ver-treter Adolf Hitlers und Außenminister des Dritten Reiches) zur Unterzeichnung eines Grenz- und Freundschafts-vertrages zwischen der UdSSR und Deutschland.
Dieser Deutsch-Sowjetische Grenz- und Freundschaftsvertrag stellte eine Ergänzung des Deutsch-sowjetischen Nichtangriffspaktes vom 23. August 1939 dar.
Zum Deutsch-Sowjetischen Grenz- und Freundschaftsvertrag gehörte ein Vertrauliches Protokoll, das
denen im Interessengebiet der UdSSR ansässigen Reichsangehörigen und anderen Persönlichkeiten deutscher Abstammung, sofern sie den Wunsch haben, nach Deutschland oder in die deutschen Interessengebiete überzusiedeln, hierbei keine Schwierigkeiten in den Weg legen. Sie ist damit einverstanden, dass diese Übersiedlung von Beauftragten der Reichsregierung im Einvernehmen mit den zuständigen örtlichen Behörden durchgeführt wird und dass dabei die Vermögensrechte der Auswanderer gewahrt bleiben.
Eine entsprechende Verpflichtung übernimmt die Deutsche Reichsregierung hinsichtlich der in ihren Interessengebieten ansässigen Personen ukrainischer oder weissrussischer Abstammung.
Ohne dass die Bevölkerungsgruppen näher spezifiziert wurden, bezog sich dies vor allem auf etwa 93.000 Bessarabiendeutsche, 65.000 Deutsch-Balten und 80.000 Bukowinadeutsche. Eine sinngemäße Verpflichtung übernahm die Reichsregierung für die in „ihren Interessengebieten ansässigen Personen ukrainischer oder weißrussischer Abstammung."
Umsiedlung der Volksdeutschen 1939-1940
Anzahl der Personen in Tausend (auf- bzw. abgerundet)
Alle annektierten Territorien wurden sozial-politischen und nationalen Säuberungen unterzogen: Verhaftungen und massenhafte Deportationen der Bevölkerung begannen unverzüglich; ausgenommen waren die obengenannten Bessarabiendeutschen, Deutsch-Balten und Bukowinadeutschen, die ihre rein deutsche Abstammung bis zu den Ur-Urgroßeltern lückenlos nachweisen mussten.
Mit dem Angriff auf die UdSSR am 22. Juni 1941 brach Deutschland den Nichtangriffsvertrag, was das endgültige Ende der Deutschen in Russland bedeuten sollte.
1 Westfeldzug = Eroberung der Niederlande, Belgiens, Luxemburgs und Frankreichs durch die deutsche Wehrmacht während des Zweiten Weltkrieges vom 10. Mai bis 25. Juni 1940.
2Die Existenz der Zusatzprotokolle zum deutsch-sowjetischen Nichtangriffspakt wurde von der Sowjetunion 50 Jahre lang geleugnet. Als Michail Gorbatschow im Jahr 1989 einen Untersuchungsausschuss unter der Leitung seines Vertrauten Alexander Jakowlew einsetzte, wurde das entsprechende Dokument veröffentlicht.
3 Deutsch-sowjetischer Nichtangriffsvertrag: bekannt auch als Hitler-Stalin-Pakt (nach den beiden Außenministern auch Ribbentrop-Molotow-Pakt oder Molotow-Ribbentrop-Pakt genannt). Zum Volltext klicke hier